zweite un-resolution
: Bagdad liegt nicht in Niedersachsen

Bundeskanzler Gerhard Schröder hält eine zweite UN-Resolution zum Thema Irak für vernünftig. Außenminister Joschka Fischer hat hingegen durchblicken lassen, dass er die bestehende Resolution 1441 unter Umständen als hinreichende Legitimation für einen Militärangriff auf das Land betrachtet. Vorboten einer Koalitionskrise? Aber nein. In erster Linie ein Hinweis darauf, dass die Meinungen deutscher Politiker in dieser Frage eine ziemlich untergeordnete Rolle spielen.

Kommentar von BETTINA GAUS

Ob es eine zweite Resolution geben wird, entscheiden die USA. Wenn überhaupt, dann interessieren sie sich allenfalls für die Haltung der Vetomächte. So etwas nennt man Machtpolitik. Berlin kann Washington an gar nichts hindern, muss jedoch auch nicht gleich bei allem mitmachen, was die jeweilige US-Regierung beschließt. Vor diesem Hintergrund ist das ganze Gerede vom angeblich so großen Einfluss der deutschen Regierung, der leichtfertig verspielt worden sei, nichts anderes als ein Symptom für eine milde Form des Größenwahns.

Die etwas unterschiedlichen Positionen von Schröder und Fischer erfüllen Funktionen, die deutlich unterhalb der Schwelle einer Entscheidung über Krieg und Frieden liegen. Der Kanzler hat dem französischen Verbündeten die Reverenz erwiesen. Dessen diplomatischem Geschick war das Zustandekommen der UN-Resolution zugeschrieben worden, die seinerzeit einen militärischen Automatismus auszuschließen schien. Die Haltung von Fischer erlaubt es der Bundesregierung zugleich, sich nicht brüskiert zeigen zu müssen, falls es keine weitere Entschließung gibt. Schließlich hält auch Schröder eine zweite Resolution lediglich für „vernünftig“ – nicht aber für zwingend.

Hinsichtlich des möglichen Abstimmungsverhaltens der Bundesregierung in der UNO ist Schröder übrigens auch gestern vage geblieben. Allerdings formuliert er Unverbindlichkeiten zunehmend markig und entschlossen, je näher die Landtagswahlen rücken. Offenbar will er erneut mit dem Image eines Friedenskanzlers punkten. So einfach wie im Bundestagswahlkampf wird das allerdings nicht werden. Es mag ja Leute geben, die Rot-Grün tatsächlich deshalb gewählt haben, weil sie die Friedenspolitik der Koalition überzeugend fanden. Aber diejenigen, die an den Einfluss von Niedersachsen und Hessen auf die Weltpolitik glauben, dürften doch eine recht kleine Minderheit sein.