Schröder: Mehr Zeit für Blix

Bundeskanzler unterstützt Bestreben von UN-Chefinspektor, die Inspektionen im Irak zeitlich nicht zu begrenzen. EU ist mehrheitlich für eine zweite UN-Resolution. Schröder hält das für vernünftig

BERLIN taz ■ Die Bundesregierung will in der Frage, ob es zu einem Krieg gegen den Irak kommt, offensichtlich Zeit gewinnen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte gestern in Berlin, Deutschland unterstütze die Forderung des UN-Waffeninspekteurs Hans Blix nach mehr Zeit für das Inspektorenteam im Irak. Blix hatte in einem BBC-Interview betont, dass der Bericht, den er bis zum 27. Januar der UN vorlegen müsse, nicht das Ende der Untersuchungen sei, sondern nur eine Zwischenstation. „Ich finde es richtig“, so Schröder, „dass die deutsche Diplomatie hilft, Blix diese Zeit zu geben.“

Gleichzeitig sprach sich der Kanzler erstmals öffentlich für eine zweite Resolution des UN-Sicherheitsrats zum Irak aus. Es sei „wahrscheinlich, dass die europäischen und andere Partner auf eine zweite Entschließung“ hinarbeiteten. „Ich halte das auch für vernünftig“, sagte Schröder. Wie Deutschland in dem Fall abstimmen werde, ließ er wieder offen. Er machte jedoch erneut deutlich, dass Deutschland eine Beteiligung von Bundeswehrsoldaten an einem Irakkrieg ablehnt. Diese Grundposition werde das Abstimmungsverhalten Deutschlands in allen internationalen Gremien bestimmen.

Der Kanzler wollte keine Auskunft darüber geben, wo militärisch die Grenze für eine deutsche Nichtbeteiligung an einem Irakkrieg liege. Es habe keinen Sinn, darüber theoretische Debatten zu führen. Verfassungsrechtlich liege die Grenze allerdings dort, wo sich der Bundestag mit dem Einsatz deutscher Soldaten befassen müsste.

Deutschland und Frankreich hätten eine enge Zusammenarbeit im UN-Sicherheitsrat in der Irakfrage vereinbart, sagte Schröder, bevor er sich zu einem Treffen mit dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac am Dienstagabend in Paris aufmachte. Es wäre „wünschenswert“, wenn im Sicherheitsrat auf Basis der deutschen Haltung eine gemeinsame europäische Position gefunden werden könnte. Angesichts der Haltung Großbritanniens sagte der Kanzler, er habe jedoch „Zweifel“, ob die Unterschiede auszugleichen seien.

In der EU zeichne sich eine übereinstimmende Haltung ab, einen Angriff auf den Irak ohne UN-Mandat nicht hinzunehmen, sagte der griechische Verteidigungsminister, dessen Land die EU-Präsidentschaft seit Jahresanfang ausübt. Auch die britische Regierung befürwortet eine zweite Resolution. Verteidigungsminister Jack Straw sagte in London, sein Land halte aber die Möglichkeit offen, sich auch ohne UN-Mandat an einer Militäraktion zu beteiligen.

JENS KÖNIG

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