Pop für Badezimmer

Wenn Villeroy & Boch-Armaturen Musik machen könnten, würden sie auf Borneo & Sporenburg abfahren: Das TechHouse-Duo mischt Freitagabend im Click auf

Viele finden, Amsterdam sei immer eine Reise wert. Besonders der Hafen ist ein beliebtes Sightseeing-Ziel – gerade für Architekturtouristen. Also Kamera raus, Bleistift und Papier gezückt und ran ans Dokumentieren, Illustrieren und Illusionieren. Und Borneo und Sporenburg, zwei Inseln am östlichen Hafenrand Amsterdams, sind die Rolemodels aktueller Architektenträume zwischen Funktionalität und Individualität.

100 Appartements pro Hektar liegen dort gemächlich nur drei Etagen hoch am Wasserrand und lassen sich von der Sonne, dem Meer und dem reflexiven Spiel beider Elemente verwöhnen. Das gilt für Sozialhilfeempfänger ebenso wie für Werber. Fast alles Leben findet auf engstem Raum statt, zwischen schick und schäbig. Zwischen Tropenfeeling (Borneo ist auch eine asiatische Insel) und Eisenbahn (niederländisch: Sporen) liegen Heimat und Sozialisation der Bewohner – streng nach den Regeln einer ästhetischen und zeitgemäßen Reduktion der Elemente.

Reale Utopien, die auch den Stuttgarter Produzenten Frank Wössner und Daniel Varga die Inspirationen für ihre musikalischen Werke liefern und die im architektonischen Studentenstreben von einem der beiden wurzeln. „Eigentlich funktioniert der Name eher wie Villeroy & Boch, ohne die einzelne Person anzusprechen“, erklärt Architekturstudent Frank Wössner.

Eine Firma einschlägigen Designs, die auch die Stücke ihres TechHouse-Albums Remember Today streifen. Die vollzogenen Wechsel musikalisch bereits manifestierter Modelle zwischen Song und Track, Hedonismus („What‘s Going on Tonight“), Reduktion („This is Music Added to My Day“) und atmosphärischem Treiben („Remember Today“) werden formuliert. Nicht zu einem visionären, aber zu einem kompakten Soundwerk, bei dem sich nur bedingt kuscheln lässt. Dazu sind die musikalischen Skizzen zu kühl, aber um so tanzbarer. Nicht zuletzt ein Grund, warum sich die beiden im minimalistisch eingerichteten Click sehr wohl fühlen werden.

Da braucht man Smash-Hits, denen sich Borneo & Sporenburgs „Somewhere in Metropolis“ – eine Kombination aus Grace Jones und Human League – sehr weit nähert. Ein Stück, das seit etwa 20 Jahren Vergangenes einkreist, mit eigenständigen Liebeleien verziert, und das dem Motto der beiden Stuttgarter entspricht, nach dem es „blöd ist, sich nur auf die Achtzigerjahre zu beschränken“. Diese Versuchsanordnung zwischen zeitgemäßem und zeitlosem Arbeiten stellt demnach auch die Herausforderung der beiden dar. „Bauhaus, als architektonischer Stil, gehört einer bestimmten Zeit an und ist trotzdem zeitlos“, beschreibt Wössner seine Vorstellung von einer entsprechenden musikalischen Version.

OKE GÖTTLICH

Freitag, 23 Uhr, Click