Was soll man immer reden?

Die alten Geschichten von Aki Kaurismäki. Im Arsenal ist das Back-Programm zu „Der Mann ohne Vergangenheit“ zu sehen

„Nächte der Boheme“ – Filme von Aki Kaurismäki in einer Retrospektive vom 17. Januar bis 2. Februar im Arsenal, Potsdamer Platz. Programminfo: www.fdk-berlin.de

Noch hält sich sein „Mann ohne Vergangenheit“ stoisch in den Kinos, und so ist auch die kleine Retrospektive im Arsenal aufs Schönste mit der Gegenwart vertäut: Aki Kaurismäki, ganz aktuell und doch schon ein Klassiker. Der finnische Leuchtturm unter den Regisseuren. Keiner wie Fassbinder, der die Filme in panischer Hast herausschleuderte. Dafür freut man sich umso mehr auf den jeweilig neuesten, der sich noch immer als sichere Bank im Geschäft herausgestellt hat.

So wie das auch bei Jim Jarmusch der Fall ist, mit dem er einige Prinzipien teilt: natürlich die viel zitierte Lakonie, mit der sich seine Protagonisten ausschweigen dürfen. Was sich in den Bildern fortsetzt. Schlicht und zweckmäßig sind Kaurismäkis Filme eingerichtet. So übersichtlich, dass man sich sofort in ihnen zurechtfindet. Auch dass er immer wieder denselben Schauspielern sein Vertrauen schenkt, trägt dazu bei. Ist mal einer verstorben wie Matti Pellonpää, wird in späteren Filmen wenigstens irgendwo ein Foto von ihm aufgestellt.

Was mehr als nur eine nette Geste ist. Das hat viel mit Respekt zu tun, auch mit Treue zu den eigenen Themen. Einen Science-Fiction-Thriller etwa könnte man sich bei Kaurismäki kaum vorstellen. Eher lenkt er den Blick zurück. Dass er dabei gern Oldtimer durchs Bild fahren lässt, meint aber nicht Nostalgie. Eher wird hier eine Überzeitlichkeit gesucht, in der die ganz normalen existenziellen Menschheitsthemen verhandelt werden. Wie das auch bei Märchen geschieht. Wirklichkeit bricht hier nicht dokumentarisch ein und lässt ihre Probleme doch nicht vor der Tür. Also schon irgendwie Sozialreportagen, aber im Melodram transzendiert. Kalt. Heiß. Böse. Verschlagen. Glücksverheißend. Immer so wahr wie jedes gute Märchen. „Somewhere over the rainbow, skies are blue. And the dreams that you dare to dream, really do come true“ ist am Schluss von „Ariel“, Kaurismäkis vielleicht schönstem, stimmigstem Film zu hören. Auf Finnisch. TM