DIE EU BEVORZUGT WEITERHIN DIE KONVENTIONELLE LANDWIRTSCHAFT
: Agrarwende ist nicht in Sicht

Alles muss neu werden in der Landwirtschaft, so die allgemein kolportierte Weisheit – mehr Umweltschutz, mehr Arbeitsplätze, mehr Sicherheit. Da ist was dran, mit Abstrichen an bestimmten Punkten unterschreiben das nicht nur romantisch veranlagte Bauernhof-Touristen, sondern auch hartgesottene Agrarlobbyisten. Denn neben dem derzeit boomenden Billigsegment bei Lebensmitteln wird es auch immer einen Bereich mit höherer Qualität geben, und da wird auch Geld verdient.

Wenn aber alles neu werden soll, braucht es Reformen. Denn derzeit werden vor allem Agrarfabriken gefördert. Die EU-Kommission hat schon Vorschläge für eine Umschichtung der Subventionen unterbreitet, gestern kamen Studien dazu. Fazit: Alles in Ordnung, die Einkommen der Landwirte werden durch die Reformen nicht beeinträchtigt. Da sollten die Alarmglocken klingen. Denn wenn die Agrarlobby zu solchen Ergebnissen kommt, heißt das: Es wird sich nichts ändern, schlaft weiter, liebe Verbraucher!

Die endgültigen Details müssen erst noch in Nächten der langen Messer von den Ministern der Länder ausgefeilscht werden. Aber die Vorschläge des eigentlich gegenüber sinnvollen Reformen aufgeschlossenen Agrarkommissars Franz Fischler lassen befürchten, dass die winzig kleine Agrarwende schon wieder aufs Ende zugeht. Von den etwa 40 Milliarden Euro jährlichen Hilfen für die Landwirte und die Agroindustrie sollen nach derzeitigem Stand lächerliche 100 bis 150 Millionen Euro in die Förderung regionaler Strukturen und besserer Anbaumethoden umgeleitet werden. Innerhalb von sechs Jahren steigert sich das dann auf maximal 1 Milliarde. Na herzlichen Glückwunsch. Eine Agrarwende sieht anders aus.

Bleibt wieder einmal das Hoffen auf die Minister, also auch auf Renate Künast. Nach den Ergebnissen der vergangenen Agrarrunden stellt sich da allerdings eher Bangen ein: Die Allianz der Blockierer jeder Reform stellen die Mehrheit der EU-Länder. Und auch im Hause Künast schwindet die Zuversicht, dass daran noch etwas geändert werden kann. Auch wenn es bei Rot-Grün noch keiner zugibt: Ein Agrardebakel droht, trotz aller großen Wendeworte. REINER METZGER