Lehmann: Krieg ist sittlich verwerflich

Vorsitzender der deutschen Bischöfe warnt vor Eskalation am Golf. Erklärung mit Bischöfen weltweit geplant

BERLIN taz ■ Nach dem Papst verschärft nun auch die katholische Kirche in Deutschland ihre Kritik an einem möglichen Krieg gegen den Irak. Ein Angriffskrieg jeder Art sei „sittlich verwerflich“, sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann. Ein präventiver Krieg sei „niemals gerechtfertigt“.

Angesichts des Aufmarsches von US-Truppen in der Golfregion dürfe in diesem Konflikt keine „Eskalationslogik“ greifen. Lehmann zeigte sich besorgt, ob die Verlegung von über 150.000 Soldaten nur eine Drohkulisse darstelle.

Zudem seien die Folgen eines Krieges „unabsehbar“, betonte der Kardinal. Er verwies auf Szenarios der UNO, dass bei einem Konflikt mit zwei Millionen Flüchtlingen und der Versorgung von zehn Millionen Menschen zu rechnen sei. Es drohe eine Destabilisierung des Nahen Ostens „auf lange Zeit“.

Am Montag hatte Papst Johannes Paul II. vor Botschaftern aus aller Welt seine strikte Antikriegshaltung betont: „Nein zum Krieg! Er ist niemals ein unabwendbares Schicksal.“ Das Volk des Irak sei nach zwölf Jahren Embargo „erschöpft“: „Krieg ist niemals ein Mittel wie andere auch, das man wählen könnte, um Differenzen zwischen Völkern zu regeln.“

Auf Initiative der hiesigen Bischöfe arbeiten derzeit die US-amerikanische, britische und deutsche Bischofskonferenz an einer gemeinsamen Stellungnahme, die sich an den kritischen Aussagen des Papstes zum Irakkonflikt orientieren soll. Auch eine Teilnahme der französischen Bischöfe wird angestrebt. Grundlage des Papiers sollen Ergebnisse einer Tagung von Vertretern der Bischofskonferenzen zur Kriegsproblematik im Juni vergangenen Jahres in Hamburg sein.

Gerade in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sind die Äußerungen des Papstes auf große Resonanz gestoßen. In einer gestern veröffentlichten „Note“ der Glaubenskongregation in Rom, genehmigt vom Papst, ermahnte Kardinal Joseph Ratzinger zudem alle katholischen Politiker, „Gewalt und Terrorismus radikal und absolut“ zurückzuweisen. Gestern hatten sich auch die Bischöfe der anglikanischen Kirche von England und Wales einstimmig gegen einen Militärschlag gegen den Irak ausgesprochen. Ein Krieg gegen das Regime in Bagdad sei derzeit „moralisch nicht gerechtfertigt“.

In Berlin riefen unterdessen der evangelische und der katholische Bischof zu Friedensgebeten auf. Lehmann denkt auch über eine Empfehlung an alle deutschen Katholiken nach, an Friedensgebeten teilzunehmen.

PHILIPP GESSLER