„Das Image ist beschädigt“

Öko-Verbandsprecher Dosch zu den Reformen innerhalb der Branche

taz: 2002 ist das Jahr mit dem geringsten Zuwachs in der Geschichte der Ökolandwirtschaft. Schlechte Zahlen für Renate Künast, die in acht Jahren 20 Prozent Ökolandbau vorweisen will. Ist die Landwirtschaftsministerin gescheitert?

Thomas Dosch: Das kann man anhand dieser Zahlen nicht beurteilen. Die Umstellung eines konventionellen Hofes auf Öko dauert mindestens zwei Jahre. Insofern kann die Künast’sche Politik gar nicht den geringeren Zuwachs bei der Öko-Anbaufläche beeinflusst haben. Die gibt es ja noch keine zwei Jahre. Die Situation wird schlechtgeredet: Wir haben immerhin das Vorjahresnivau gehalten.

Immerhin ist der Absatz im zweiten Künast-Jahr eingebrochen – trotz Imagekampagnen. Welche Rolle spielt Nitrofen?

Das zarte Pflänzchen Image, das bei uns so bedeutsam ist, hat bei Gelegenheitskunden enormen Schaden erlitten. Eine Emnid-Umfrage ergab, dass die Verbrauchermehrheit sehr wohl eine hohe Lebensmittelqualität will. Und ein Bestandteil dieser Qualität ist eben, dass die Hersteller garantieren: Unser Produkt ist sauber.

Was offenbar nicht so einfach ist. Noch immer ermittelt die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg, wer versagt und sich strafbar gemacht hat.

Ich glaube, wenn jetzt die Meldung käme, dass es ein Urteil gegen einen der am Nitrofenskandal Beteiligten gäbe, wären die meisten Leute erstaunt, dass das so lange gedauert hat. Aber wir haben ja noch nicht einmal ein Verfahren. Solange nicht Ross und Reiter benannt und dingfest gemacht sind, leiden alle in der Branche.

Trotzdem arbeitet die Branche an verbessertem Qualitätsmanagement. Mit welchem Erfolg?

Direkt nach dem Nitrofenskandal war bei allen Anbauverbänden die Bereitschaft groß, stärker zusammenzuarbeiten. Je weiter das aber zurückliegt, umso größer werden auch wieder die Differenzen. Einige Anbauverbände haben viel strengere Regeln als andere. Obwohl seinerzeit Konsens bestand, strengere Regeln umzusetzen, wird das zunehmend in Frage gestellt. Wenig strengere Regeln bedeutet einen Wettbewerbsvorteil.

Eine Konsequenz war, mit dem Bundesverband für Lebensmittelwirtschaft ein neues, zentrales Branchendach zu schaffen. Warum läuft das noch nicht so, wie es sein müsste.

Die Arbeit macht Fortschritte, es gibt erste Arbeitsgruppen. Aber mehr Engagement von den Akteuren wäre wünschenswert.INTERVIEW: NICK REIMER