: Die SSW darf nicht sterben
Der Bremer Wirtschaftsexperte Rudolf Hickel will einen Weg aus der Werft-Krise kennen und plädiert für ein „Maritimes Netzwerk Bremerhaven“
taz ■ Anfang Dezember hat die Bremerhavener SSW Fähr- und Spezialschiffbau GmbH Insolvenz angemeldet, Hunderte von Arbeitsplätzen stehen auf der Kippe. Gestern nun hat die Arbeitnehmerkammer ein „Kurzgutachten“ des Instituts für Arbeit und Wirtschaft (IAW) vorgelegt, das die „Bedeutung der SSW für den maritimen Sektor in Bremerhaven“ unterstreicht und vorschlägt, das Know-How der dortigen Stahlproduktion für den Bau von Windenergieanlagen im Offshore-Bereich zu nutzen. Autoren des Gutachtens sind IAW-Direktor Rudolf Hickel und dessen Mitarbeiter Reinhard Dietrich und Wiebke Lang.
Hickel und seine Mitstreiter stellen sich in ihrem Papier „voreiligen und unverantwortlichen Schlüssen entgegen“, dass mit der SSW-Insolvenz die Werftenindustrie in Bremerhaven ausgedient habe. Man benötige vielmehr ein „Konzept der Fortführung“ – wenn auch „auf der Basis geschrumpfter Produktionskapazitäten“. Der Schiffsneubau sichere über die „direkten 688 Arbeitsplätze“ der Werft hinaus die Jobs von weiteren 472 Arbeitnehmern in den Zulieferbetrieben.
Für eine Rettung der SSW nennt das Gutachten drei Bedingungen: Die Produktionskapazität müsse „auf den Durchlauf eines Fährschiffs pro Jahr reduziert“ werden, die Werft solle künftig weniger Container- und mehr Fährschiffe bauen, und die Kooperation mit der Lloyd-Werft müsse „durch wechselseitige Arbeitspakete stabilisiert werden“.
Die SSW-Stahlfertigung sei „als Kernkompetenz“ unbedingt zu erhalten, verlangen die IAW-Gutachter. Als „sinnvolle Ergänzung der bisherigen Stahlproduktion“ sollten jedoch die Windkraftanlagen ins Auge gefasst werden: Für diese alternative Produktion gebe es „einen wachsenden, küstengebundenen Zukunftsmarkt“, der erhebliche Beschäftigungspotenziale berge. Die SSW habe mit ihrer Stahlbaukapazität „die große Chance“, als „First Mover“ diesen Markt zu besetzen. Hickel und seine Mitarbeiter fordern, die Offshore-Windenergie „entlang der gesamten Wertungskette“ auszubauen – denn im Bereich der Produktion von Türmen, Fundamenten und Rotoren sowie der zur Aufstellung nötigen Spezialschiffe seien bislang nur wenige Unternehmen im Land Bremen tätig. jox
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