„Positive Diskriminierung“ vor Gericht

Mit einer Klage vor dem Obersten Gericht wendet sich nun auch US-Präsident George W. Bush gegen eine bevorzugte Zulassung von Minderheiten an Hochschulen. Die Republikaner geraten durch diesen Schritt in einen Zwiespalt

WASHINGTON taz ■ Einen Tag waren die Schlagzeilen in den USA nicht vom Irakkrieg dominiert, sondern von Minderheiten und Bildungschancen. US-Präsident George W. Bush hatte die von US-Hochschulen praktizierte Bevorzugung von Minderheiten bei der Zulassung verurteilt und sich einer Klage zweier weißer Studentinnen angeschlossen. Ihnen wurde der Zugang verweigert, obwohl sie bessere Noten hatten als schwarze Mitbewerber.

Die Klage ist ein gewagter Schritt für Bush. Zu frisch sind die Wunden der rassistischen Äußerungen des Ende Dezember zurückgetretenen Fraktionschefs der Republikaner im Senat, Trent Lott. Bush bemühte sich, ethnische Vielfalt an US-Hochschulen einzufordern und zu loben. Die Zulassungsmethoden der Universität von Michigan seien jedoch verfassungswidrig.

Die Universität hatte weißen Bewerbern die Zulassung mit dem Hinweis verweigert, die Plätze seien für schwarze Studenten reserviert. Bush betonte zwar, dass Rassendiskriminierung in den USA immer noch Realität sei und bekämpft werden müsse. „Aber wir dürfen sie nicht durch eine ebenso schlechte Sache ersetzten.“ Die Universität von Michigan bestrafe Bewerber aufgrund ihrer Hautfarbe und fördere so Diskriminierung.

Die Uni gewährt Bewerbern ethnischer Minderheiten bei der Zulassung einen Bonus, da sie aufgrund finanzieller und sozialer Benachteiligungen schlechtere Bildungschancen hätten. Diese als „Affirmative Action“ bezeichnete und umstrittene Praxis wird als „positive Diskriminierung“ von Minderheiten in der Ausbildung verstanden.

Die juristische Auseinandersetzung vor dem Obersten Gericht dürfte zu den brisantesten innenpolitischen Themen der kommenden Monate gehören. Sie ist eine Gratwanderung für die Republikaner, die in der Frage gespalten sind. Konservative wollen ein Grundsatzurteil des höchsten US-Gerichts von 1978 revidieren. Dieses lehnt Quoten ab, wertet die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe jedoch als „Plusfaktor“ für Studenten, die sonst ihre Aufnahmetests nicht bestanden hätten. Bush bemüht sich jedoch zugleich, die republikanische Partei weiter für ethnische Minderheiten zu öffnen. Langfristig, so sein Kalkül, lassen sich aufgrund der demographischen Entwicklung in den USA nur so Wahlen gewinnen. In Texas und Kalifornien etwa stellen einstige Minderheiten heute längst die Hälfte der Bevölkerung. Hier ist eine „positive Diskriminierung“ obsolet geworden. MICHAEL STRECK