Feuern und heuern

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement will Kündigungsschutz für kleine Betriebe lockern. Grüne unterstützen Initiative. DGB protestiert

BERLIN taz ■ Um den Kündigungsschutz in Kleinunternehmen ist gestern Streit entbrannt. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hatte in einem Gespräch mit der Financial Times Deutschland erklärt, beim Kündigungsschutz gebe es „zu harte Grenzen“. Viele Kleinunternehmer stellten nicht mehr als fünf Leute ein, weil in Betrieben mit mehr Beschäftigten der gesetzliche Kündigungsschutz gelte. Er müsse darüber nachdenken, „ob und wenn ja wie ich diese harte Grenze abschleife“.

Clement begründete seinen Vorstoß damit, dass die Regierung mehr Reformen auf den Weg bringen müsse, durch die neue Jobs entstünden. Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, kündete umgehend „härtesten Widerstand“ an. Die Grünen begrüßten den Vorstoß hingegen als „Schritt in die richtige Richtung“, so Werner Schulz, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen. Die heutige Praxis habe sich als „Einstellungsbarriere“ erwiesen. Bundeskanzler Schröder will kommende Woche mit Arbeitgebern und Gewerkschaften über den Kündigungsschutz für Kleinbetriebe sprechen. Es gehe aber nur um praxisnahe Änderungen im Detail, sagte ein Regierungssprecher.

Bisher gilt in Deutschland für alle Betriebe, die mehr als fünf Beschäftigte haben, der gesetzliche Kündigungsschutz. Er sieht unter anderem vor, dass bei betriebsbedingten Kündigungen eine Sozialauswahl gilt, wobei etwa Lebensalter und Unterhaltsverpflichtungen der Arbeitnehmer berücksichtigt werden müssen. Das Kündigungsrecht führt in der Regel dazu, dass Entlassungen in lange Arbeitsgerichtsprozesse münden, bei denen am Ende eine Abfindung vereinbart wird. Der Bundesverband Unternehmensgrün fordert daher, dass kleine Unternehmer bei Neueinstellungen kalkulierbare Abfindungsregelungen vereinbaren können.

Schon unter der Kohl-Regierung wurde der Kündigungsschutz 1996 auf Betriebe mit mehr als zehn Mitarbeitern beschränkt. Die SPD-Regierung machte diese Aufweichung 1998 wieder rückgängig.

BARBARA DRIBBUSCH

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