Giftspur aus Saddams Reste-Rampe

USA und Vereinte Nationen durch Fund chemiewaffentauglicher Gefechtsköpfe im Irak beunruhigt. Blix verlangt Erklärung. Saddam Hussein ruft zu Kampf gegen „Mongolen der Neuzeit“ auf. Deutschland soll Raketen und Personal in die Türkei schicken

BERLIN afp/rtr/dpa ■ Nach dem Fund von chemiewaffentauglichen Gefechtsköpfen in Irak sind die Zweifel an Bagdads Bereitschaft zur Kooperation gewachsen. Die USA bezeichneten den Vorfall als beunruhigend und ernst. „Saddam ist zur Abrüstung verpflichtet“, sagte Ari Fleischer, Sprecher des US-Präsidialamts: „Es ist zunehmend klar, dass er das nicht tut.“ Der oberste UN-Waffeninspekteur Hans Blix forderte in Paris nach einem Treffen mit Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac von Bagdad „zusätzliche Erklärungen“ zu den gefundenen Waffen.

Die UN-Inspektoren waren am Donnerstag in einem Munitionslager auf elf leere Gefechtsköpfe gestoßen. Die irakische Führung bestritt, dass es sich um Gefechtsköpfe für chemische Waffen handelt.

Die UNO brauche zu den Gefechtsköpfen nähere Informationen und allgemein eine „aktivere Zusammenarbeit“ Bagdads, sagte Blix. Der Irak müsse „aufrichtiger“ sein. Zur Haltung des UN-Sicherheitsrats sagte Blix, es sei „wichtig“, sich in der Irakfrage weiter „einig“ zu zeigen. Die Lage sei „sehr gespannt“.

Auch Chirac forderte, Bagdad müsse auf „unbezweifelbare“ Weise mit den Inspektoren zusammenarbeiten. Zugleich warnte er vor einem einseitigen Angriff auf Irak. Ohne die USA beim Namen zu nennen, sagte Chirac, ein solches Vorgehen wäre „nicht mit den internationalen Regeln vereinbar“. Er bekräftigte, dass den UN-Waffeninspektoren mehr Zeit eingeräumt werden sollte. Am Donnerstagabend waren die USA mit einem Versuch gescheitert, die Zeitspanne für die Inspektionen knapper auszulegen. Blix muss dem UN-Sicherheitsrat am 27. Januar Bericht erstatten.

Iraks Diktator Saddam Hussein schwor seine Landsleute auf einen Krieg ein. Bevölkerung und Führung seien entschlossen, „die Mongolen der Neuzeit“ vor den Toren Bagdads in den „Selbstmord“ zu treiben, sagte Saddam Hussein in einer in TV und Rundfunk übertragenen Ansprache.

Die Bundesregierung gerät durch die Anrufung der Nato durch die USA unter Druck. Nato-Generalsekretär Robertson erinnerte Deutschland gestern an die gemeinsam mit dem Bündnis eingegangene Verpflichtung zur Durchsetzung der UN-Resolutionen. Dem Vernehmen nach wünschen die USA unter anderem die Verlegung deutscher „Patriot“-Raketen samt Bundeswehrpersonal in die Türkei. KLH

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