Take me home to Play-Off

Hamburg Freezers feierten gestern mit dem 4:2 über Schwenningen den dritten Erfolg innerhalb einer Woche in der Deutschen Eishockey-Liga und schreiben damit zumindest Vereinsgeschichte

Coach Simpson: „Platz acht bleibt der zu erreichende Tabellenplatz“

von OKE GÖTTLICH

Unterschiedlicher können Kontrahenten auf dem Eis der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) kaum sein. Dorf gegen Stadt. Tradition gegen Moderne. Alt gegen Jung. Auf der einen Seite präsentierten sich die aus München transplantierten und frisch herausgeputzten Hamburg Freezers, die mit 11.500 Zuschauern selbst gegen das Tabellenschlusslicht einen beinahe unheimlichen Zulauf erfahren. Einen, der auch für das wirtschaftliche Interesse einiger Firmen gilt. Zuletzt präsentierten die Freezers zwei neue Sponsoringpartner und geben auch aus finanzieller Sicht ein erfolgreiches Bild ab.

Auf der anderen Seite schlittert der stolze „Dorfclub“ (Fantransparent) Schwenninger Wild Wings um das Überleben auf dem Eis der DEL. Das laut Tabelle schwächste Team der Liga steht sowohl sportlich als auch finanziell kurz vor dem Aus.

Mit dem Bau und dem Erfolg der modernen Großarenen ist es schwer geworden für ebensolche Talentschmieden des deutschen Eishockeys. Denn die Spieler, die später mit vermeintlich finanzstarken Teams wie Köln, Berlin, Mannheim oder Hamburg ihre Erfolge feiern, sind meistens aus der Provinz wie Ingolstadt, Schwenningen oder Iserlohn erwachsen.

So wirkt es dann ein wenig bedauerlich, wenn der Schwenninger Trainer Daniel Held eine unglückliche 4:2-Niederlage gegen das Hamburger Team mit einem „Mini-Kader“ zu erklären versucht, der „mit fünf jungen deutschen Kindern“ bestückt kaum noch eine Chance gegen mächtige Teams wie Hamburg sieht. „Es war mehr drin im letzten Drittel“, erklärte Held, der noch bis 13 Sekunden vor Schluss auf einen möglichen 3:3-Ausgleich hoffte. Doch 13 Sekunden vor der Sirene trafen die Freezers dank Bobby House doch noch das Tor der Schwenninger, um den vierten Heimerfolg in Folge zu sichern.

Freezers-Trainer Sean Simpson konnte erst nach dem erneuten Treffer seiner ersten Sturmreihe mit House, Belanger und Stevens durchatmen und sich der „Sicherung eines Play-Off-Platzes“ erfreuen. Die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft ist das erklärte Ziel. Trotz der punktreichsten Woche in der Geschichte, „der langen Geschichte“, wie Simpson scherzte, will man dieses Ziel nicht nach oben korrigieren. „Platz acht bleibt der zu erreichende Tabellenplatz“, stellte der Coach klar.

Den haben die Freezers mit dem vierten Heimsieg in Folge gesichert und befinden „sich im Rennen“. „Wir dürfen nicht übermütig werden und müssen auf dem Boden bleiben“, ermahnt Simpson, nach dem seine Spieler vor heimischem Publikum zuletzt nicht überzeugen konnten, aber dennoch die nötigen Erfolge feiern konnten.

In den verbleibenden Heimspielen bis zur Spielpause im Februar spielen die Freezers mit Iserlohn und Hannover gegen direkte Konkurrenz um einen Endrundenplatz. Wäre dieser durch einen Gesangswettbewerb zu erreichen, müsste sich Hamburg gar keine Sorgen mehr machen. Während der Spielunterbrechungen wurde auf dem Videowürfel Teamkapitän Andrew Schneider mitsamt Gitarre und den Freezers-Sängerknaben eingeblendet. Gemeinsam gaben sie „Country Road, take me home“ zum Besten.

Ob Schneider den Heimweg nach Kanada, München oder zu den Play-Offs meinte, war nicht herauszuhören. Vielleicht war es nur eine Hommage an die Fans der Freezers, denen sie ihre Heimstärke zu verdanken haben. „Inzwischen fehlen mir die Worte“, zeigte sich Goalie Christian Künast fassungslos: „Ich hätte dieses Interesse niemals für möglich gehalten.“ Immerhin bedankten sich die Freezers nach den Siegen über Kassel, Frankfurt und Schwenningen mit einer historischen Erfolgsserie.