Ungemein leicht

Alfred Brendel produzierte in der Glocke zusammen mit seinem Sohn Adrian nuancenreiche Klangschönheit

Der „Tastendenker“ entkommt den Klischees durch emotionalen Zauber

taz ■ Mit ihm verstehe er sich ohne Worte, schon immer, sagte der große Pianist Alfred Brendel, 72, über seinen 26-jährigen Cellistensohn Adrian Brendel. Zwei Tage nach dem Soloabend des Pianisten traten Vater und Sohn am Freitag in der restlos ausverkauften Glocke auf und ließen uns teilhaben an diesem wunderbaren Verständnis, das man dem Vater ohne wenn und aber glaubt.

Das Programm des letzten Meisterkonzertes war für ein Vater-Sohn-Duo pfiffig: Die fünf Cellosonaten Ludwig van Beethovens weisen alle eine unterschiedliche Gewichtung der beiden Instrumente aus. Sonaten für „Klavier und Cello obligat“ – nicht umgekehrt – heißen die ersten beiden Sonaten und sind mit einer klaren Dominanz des Klaviers komponiert, die sich interpretatorisch natürlich auch zeigen muss. Das gab dem Vater die gut genutzte Möglichkeit, innerhalb der geforderten Dominanz zurückzutreten, dem Sohn viel Raum zu geben, ihm seinen gestalterischen Eigenwillen zu lassen und dabei Lebendigkeit und Spontaneität zu zeigen.

Was Adrian Brendel dann auch trefflich nutzte für die „Große Sonate für Klavier und Cello in A-Dur“ (1808), die mit einem unbegleiteten Cellothema beginnt und in der das Cello dann weit gehend die Führung übernimmt. Und in der 1815 erschienenen C-Dur-Sonate heißt es dann gar: „Freie Sonate für Klavier und Violoncell“. Auf der Basis ungebremster Vitalität führte diese zu einer absoluten Verselbstständigung des Cellos.

Es war ebenso aufregend wie perfekt, wie die Brendels hier den fragmentarischen und brüchigen Charakter dieser auf Beethovens Spätwerk weisenden Komposition erarbeiteten – und das mit einer ungemeinen Leichtigkeit und nuancenreichen Klangschönheit.

Nicht selten hält man ob der Pianokultur den Atem an. Das Klavierspiel des „Tastendenkers“ und „Klavierphilosophen“ – Klischees, denen Alfred Brendel über den emotionalen Zauber seines Spiels immer wieder entkommt – erscheint tastend und horchend, wie eben erfunden: Das macht ihn jung und zur künstlerischen Partnerschaft mit dem Sohn fähig.

Auch in Beethovens zwölf Variationen über „Ein Mädchen oder Weibchen“ aus Mozarts „Zauberflöte“ ist das Klavier die treibende Kraft. Stilistisch schön kosteten die beiden an diesem Werk aus, wie der melodische Einfall Mozarts und damit der naive Charakter Papagenos erhalten bleiben. Begeisterter Beifall für eine künstlerische Partnerschaft, an der nichts falsch schien. Die aufschlussreiche Zugabe: Beethovens „Bei Männern, welche Liebe fühlen“.

Ute Schalz-Laurenze