flick und newton
: Wie Goldthaler vom Himmel

Es ist, wenn es denn einer ist, ein seltsamer, berührender Zufall: Auf der einen Seite der Erbe eines Rüstungsproduzenten und Nazikriegsverbrechers, Friedrich Christian „Mick“ Flick: Er überlässt der Stadt seine offenbar sehr wertvolle Sammlung moderner Kunst. Auf der anderen Seite ein jüdischer Emigrantensohn und weltweit berühmter Fotograf, Helmut Newton: Er will offenbar seiner Heimatstadt das Archiv seines Lebenswerks schenken.

Kommentar von PHILIPP GESSLER

In beiden Fällen geht es um Angebote, die Berlin nicht verdient hat – Chancen, die wie Goldthaler vom Himmel fallen. In beiden Fällen handelt es sich um moderne, auch umstrittene Kunst. Und in beiden Fällen ähnelt sich, glaubt man den öffentlich kursierenden Aussagen, die Begründung. Flick: „Berlin ist wie die Kunst, die ich liebe: zerrissen, vernarbt, direkt, ungefiltert.“ Newton, wird kolportiert, gefalle es, dass der vorgesehene Ausstellungsort nicht in einem Schickimickiviertel liege, sondern neben einer Obdachlosenambulanz, gegenüber der Bahnhofsmission.

Was für eine besondere Stadt Berlin doch ist! Sie wird geliebt, nicht obwohl, sondern gerade weil sie so voller empörender Armut, harter Widersprüche und elender Vergangenheit ist. Zugleich scheint ihr Schicksal derzeit zu belegen, was man als Kalenderspruch schon so oft gehört hat: Jede Krise bietet die Chance zum Wandel.

Diesen Wandel allerdings gilt es beherzt anzupacken. Jede Metropole muss sich von Zeit zu Zeit neu erfinden, will sie nicht im Gestern verharren oder in Schönheit erstarren. Dass Gönner wie Mick Flick oder Helmut Newton an Berlin einen Narren gefressen haben, ist deshalb wie ein Wechsel in die Zukunft. Mit etwas Pathos gesagt: Politik und Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft der Stadt müssen sich der Chance des Mythos dieser Metropole würdig erweisen, ihr Engagement für das Gemeinwesen verstärken. Die Goldthaler aus dem Himmel fallen nicht ewig.