Lifelong Learning mit der SPD

Die SPD hat den Kompromiss in Sachen „Bummelstudenten“ aufgekündigt. Sie will jetzt Studienkonten einführen – genau wie die Rektoren. Die CDU kontert mit Studiengebühren. Die Grünen hingegen sehen ganz anderen Handlungsbedarf

taz ■ Was lange währt, wird endlich gut. Wenn es nach der Regierungskoalition aus SPD und CDU geht, gilt das nicht für‘s Studieren. Seit langem suchen die Bremer Parlamentarier nach einer Lösung, wie man „Bummelstudenten“, oder neutraler: Langzeitstudenten, Beine macht. Im November schien eine gemeinsame Lösung erreicht. Verbindliche und „zielorientierte“ Beratung all derer, die Grund- oder Regelstudienzeit überziehen. Wenn alle Beratung nicht fruchtet, droht Zwangsexmatrikulation. Letzte Woche nun hat die SPD den Kompromiss intern wieder aufgekündigt. Offzielle Gespräche mit der CDU gab es noch nicht – aber der Koalitions-Partner geht schon mal in den Ring.

„Wenn die SPD dieses Paket wieder aufknüpft, ist das wirklich abenteuerlich“, schäumt der Wissenschaftsexperte der CDU, Jörg Jäger. Schließlich habe auch er einen Kompromiss akzeptiert, der für die CDU nur die „zweitbeste Lösung“ sei. Die erstbeste wäre für ihn nach wie vor die Einführung von Studiengebühren. Das wäre mit der SPD nicht zu machen gewesen – sie hat in den Koalitionsvereinbarungen Studiengebühren kategorisch ausgeschlossen.

Gegen den Kompromiss votierten schon damals mit allen Mitteln die Grünen, und selbstredend auch Studierende. Beides hätte die SPD wohl ausgehalten. In einem Schreiben hat sich nun aber auch die Rektorenkonferenz gegen die großkoalitionäre Lösung ausgesprochen: Mit „unvertretbarem Aufwand“ müsste ein „rechtlich unsicheres und hinsichtlich des beabsichtigten Effekts zweifelhaftes Verfahren“ eingeführt werden, heißt es in dem Brief, der der taz vorliegt. Auf Nachfrage sagt der Rektor der Uni Bremen, Wilfried Müller: „Nach dem CDU/SPD-Modell müssten wir allein an der Uni jährlich 3.000 Beratungsgespräche führen“. Stattdessen favorisierten die Rektoren jetzt die Einführung so genannter Studienkonten, das, so Müller, „Gegenmodell zu den Studiengebühren“. Und genau da ist inzwischen auch die SPD angekommen. „Ich finde das Studienkontenmodell sehr vernünftig“, sagt der Wissenschaftssprecher Mario Domann-Käse. Nach dem Vorbild von Nordrhein-Westfalen könnten auch hier in Zukunft am Beginn eines Studiums jede Menge Bildungspunkte stehen. Wer schnell studiert, behält Gutscheine über, die er zum Beispiel in Weiterbildungsangebote umsetzen kann. Wer länger braucht, kommt mit den Punkten bis zu zehn Jahren aus. „Danach verfällt das Konto“, schildert Müller das Verfahren in NRW. Und dann werden doch Gebühren fällig – würde die SPD das trotz ihrer bisherigen Haltung schlucken? „In einem klugen Modell“, so Domann-Käse, „werden Studierende das zu vermeiden wissen“.

Die CDU hingegen will das ganze Modell Studienkonten vermeiden. „Ich sage ganz deutlich, dass wir das nicht mitmachen“, legt sich Jörg Jäger fest. Der bürokratische Aufwand sei mindestens so groß wie beim ausgehandelten Beratungskompromiss. „Sie müssen ja die ganze Biografie der Studierenden im Auge behalten.“ Im Übrigen fühlt auch er sich jetzt nicht mehr an den Kompromiss gebunden: „Wir bringen dann die beste Lösung wieder ins Spiel“. Nach dem Vorbild Baden-Württemberg sollen Studierende, die ohne triftigen Grund die Regelstudienzeit länger als vier Semester überziehen, 500 Euro Studiengebühren bezahlen. „Die haben da jetzt 43 Prozent weniger Langzeitstudenten“ weiß Jäger.

Das klingt nach unvereinbaren Positionen zwischen den – noch – gemeinsam regierenden Parteien. Aber die SPD möchte das neue Bremer Hochschulgesetz – wovon die Langzeitregelungen ein Teil sind – noch vor den Bürgerschaftswahlen im Mai durch die Instanzen bringen. „Wir wollen andere Bestandteile des Gesetzes wie Juniorprofessuren und die leistungsorientierte Bezahlung der Professoren schnell einführen“, drängt Domann-Käse. Zur Not aber könne man den strittigen Teil auch herauslösen und später als Novelle verabschieden. Die Grünen könnten den neuen Ideen sicher zustimmen. „Wir freuen uns ja, dass die Rektorenkonferenz unsere Kritik aufgegriffen hat“, so der Wissenschaftsdeputierte Hermann Kuhn. Für ihn allerdings geht die Aufregung an der Realität der Hochschulen vorbei: „Wir machen Gesetze für 500 LangzeitstudentInnen. Aber eigentlich geht es darum, flexible Studienabschlüsse einzuführen. So dass man nach sechs Semestern abschließen kann oder sich entscheiden kann weiterzumachen.“ Elke Heyduck