Facelifting für alternden Umweltschützer

Der Blaue Engel – das älteste Ökolabel Europas – soll zu seinem 25. Jubiläum ein neues Gesicht bekommen

Er war die Rettung für überforderte Verbraucher, die in den 70er-Jahren ihr Kinderzimmer mit Holz verkleidet hatten: der Blaue Engel. Horrormeldungen über Holzschutzmittel, die schwere Gesundheitsschäden verursachten, hatten damals nahezu täglich für Verunsicherung gesorgt. Wer seinerzeit allerdings im Baumarkt nach dem Blauen Engel fragte, erntete allenfalls ein spöttisches Lächeln.

Das hat sich grundlegend geändert: Heute ist der Blaue Engel Europas ältestes Umweltzeichen und allseits akzeptiert. Rund 3.700 Produkte und Dienstleistungen sind mittlerweile mit dem blauen Signet gekennzeichnet. Erhebungen ergaben, dass sich die Hälfte aller westdeutschen, ein Drittel aller ostdeutschen Verbraucher beim Kauf am Umweltzeichen orientiert.

Mit den Verbrauchern von einst ist auch das Zeichen in die Jahre gekommen. Pünktlich zu seinem 25. Jubiläum soll der geflügelte Himmelsbote deshalb eine Verjüngungskur erfahren. „Wir wollen den Engel in diesem Jahr modernisieren, damit er seine Rolle als einfach verständliche Entscheidungshilfe beim umweltgerechten Einkauf noch besser erfüllt“, sagte Andreas Troge, Präsident des Umweltbundesamtes, gestern in Berlin.

Um das überarbeitete Logo bekannt zu machen, sollen Verbraucher in Baumärkten, Kantinen, Supermärkten oder Kaufhäusern mit zertifizierten Produkten fotografiert werden. Die Fotos werden dann unter dem Slogan „Mein Recht auf Umwelt“ auf einer Website veröffentlicht. Am 5. Juni wird dann alles schließlich in Berlin auf eine Großbildleinwand projiziert.

Mit dem überarbeiteten Label erhält der dem Zeichen der Vereinten Nationen nachempfundene Blaue Engel nun auch offiziell seinen Namen, den der Volksmund ihm schon bei seiner Einführung verliehen hat. Seit kurzem steht der Name nun auch im Signet.

Das Siegel bietet aber nicht nur Verbrauchern Orientierung, sondern gibt derzeit auch 710 Unternehmen aus dem In- und Ausland bessere Vermarktungschanchen. Die Vergabekriterien werden vom Umweltbundesamt in Zusammenarbeit mit Fachleuten der jeweiligen Branche erarbeitet und laufend angepasst. So reichte den Papierherstellern 1981 noch ein Anteil von 50 Prozent Altpapier, um den Blauen Engel zu erhalten – heute sind es 100 Prozent. Eine unabhängige Jury aus Umwelt- und Verbraucherverbänden, Gewerkschaften, Handel und Handwerk entscheidet über die Vergabe.

Mittlerweile ist der Blaue Engel seinen Wurzeln längst entwachsen. Er zertifiziert Möbel und Carsharing-Angebote ebenso wie Heizungsanlagen, Computer und strahlungsarme Handys. Für seine GründerInnen hat das Signet nichts von seiner Aktualität verloren. Nach Ansicht von Edda Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband, ist das Umweltbewusstsein bei den Verbrauchern gesunken, deshalb müsse das Label „unbedingt revitalisiert werden“, so Müller. Es leide heute vor allem auch an zu viel Konkurrenz: „Auf dem Mark tummeln sich zu viele verschiedene Zeichen.“ Die Palette der zertifizierten Produkte wird ständig erweitert. So wurde gerade das erste Schiff, das Wasser weder mit Öl noch Abfall verunreinigt, mit einem Blauen Engel zertifiziert. Ölkatastrophen wird das zwar auch nicht verhindern helfen, Reedern aber ganz bestimmt einen Wettbewerbsvorteil bringen. INA KÖHLER