Fotos, Volk und Tapas

In der Villa Ichon um die Ecke schauen: Die Vernissage der „magischen Welt Gaudís“ lockt Architekturbegeisterte und Kulinarier

Des Weibes? Des Weines? Ah, des Waldes! Ach ja, der Wald

Katalonien und Antoní Gaudímachen es dem Fotografen leicht. Auf lupenreinem Himmelsblau zeichnen sich Strukturen und Bauwerke eindrucksvoll ab. Und die lyrische Architektur-Auffassung hat aus den Arbeiten des Baumeisters unverwechselbare Unikate gemacht. Unverwechselbar und so dynamisch, dass selbst ihr menschenleerstes Abbild atemberaubende Dramatik entwickelt.

Die Fotografien Marc Llimargas‘, die das Instituto Cervantes in der Villa Ichon zeigt, wirken inszeniert, obwohl sie es kaum sind. Abenteuerlich gebogene Laubengänge brechen das Licht, verändern die Farben, ganz ohne dass farbige Linsen die Objektivität der Kamera schmälern würde: Der Raum selbst ist der Filter, er erzeugt die Spannung der Fotografien.

Spannungen anderer Art artikulierten sich während des Vernissagen-Vortrags von Alfredo Fernández. Leise zunächst, aber schnell anschwellend klapperten Stühle in den hinteren Reihen. Gründe gab es dafür mehrere. Zum Einen hatte der Andrang die Räumlichkeiten überfordert. Denn der experimentellste Architekt der Moderne fasziniert noch immer. Der große und der kleine Saal der ersten Etage waren voll besetzt: Ein Publikum voller Vorfreude auf das Wiedersehen mit den steingewordenen Glücksversprechen Barcelonas und umzu.

„Und jetzt schauen wir uns die Bilder an“, kündigte der Redner an. Da hieß es im hinteren Raum aufstehen und die Hälse recken. Denn die Villa Ichon ist – leider, leider – weder die kurvenreich sich öffnende Casa Mila noch die Finca Güell, ja nicht einmal biederer Roselius. Ihre rechtwinkligen Ecken und Mauervorsprünge mit dem Auge zu umgehen – das ist noch eine wahre Herausforderung.

Andererseits war das Referat des Malers und Bildhauers zwar sachlich richtig, durchaus engagiert und sogar bisweilen pathetisch: Gaudí, so Fernández, sei ein Künstler gewesen, denn „er war frei!“ Thetisch kühn war es im Gegenzug jedoch nur bedingt. Gaudí habe bis ins kleinste skulpturale Detail alles selbst geplant, erfuhr man. Deshalb könne das Werk „verstanden werden als ein Ganzes in seiner Totalität“. Aha. Das Werk des 1852 geborenen Katalanen lebe heute noch fort in der Bildhauerei und modernen Architektur, weil – na, man muss ja auch nicht alles begründen. Doch immerhin kam es zu interessierten Nachfragen: Wie steht’s mit der Statik der fantasmagorischen Bauformen? Und was sei zur Rolle des Weibes zu sagen? Des Weibes? Des Weines? Ah des Waldes! Ach ja, der Wald.

Das rückwärtige Ruckeln aber nahm nicht ab. Im Gegenteil. Am hinteren Ende, direkt neben den berückenden Aufnahmen der „Weihnachts“ -Fassade der Sagrada Familia war angerichtet. Rioja und Häppchen: Teigtäschchen mit getrockneten Tomaten und eines jener zart mit Majoran parfümierten milden Kartoffelgratins – auch die Tapas-Fraktion hat gute Gründe für ihre Iberophilie. Benno Schirrmeister

Die magische Welt Gaudís, Fotografien von Marc Llimargas, Villa Ichon. Bis 23. Februar