in fussballland
: CHRISTOPH BIERMANN über die Begierden der Frau

Sex and the Footie

Frau Rummenigge gluckste aufgeregt und wollte mehr. Es konnte ihr gar nicht verdorben genug sein; jedes Mal seufzte sie zufrieden und flehte, ich solle bloß nicht damit aufhören, ihr noch weitere schmutzige Gerüchte aus der Bundesliga zu erzählen. Nicht zuletzt über Karl-Heinz Rummenigge, obwohl es sich bei meiner Gesprächspartnerin nicht wirklich um Frau Rummenigge, sondern um die Kollegin F. handelte (alle Namen geändert, d. Red.), die in der Jugend wegen ihrer grenzenlosen Liebe zum damaligen Fußballnationalspieler nur Frau Rummenigge genannt wurde. Einmal, so erzählte sie und gab aber gleich zu, dass sie dieses Erlebnis möglicherweise nur halluziniert habe, sei sie Karl-Heinz Rummenigge sogar persönlich begegnet. Bei einem Freundschaftsspiel des FC Bayern nahe ihrer Heimat habe sie einfach den Mannschaftsbus bestiegen und dort ihren Helden getroffen, der auch mit ihr gesprochen habe. Worüber, daran konnte sie sich aufgrund der pubertär-hormonellen Strudel allerdings nicht erinnern – oder weil sich die Begebenheit nie zugetragen hatte. Fortan war sie dem Mann jedenfalls verfallen und ist es eigentlich noch heute.

Da hört man als strunzheterosexueller Mann neidisch zu, denn bei aller Begeisterung für das schöne Spiel und seine Protagonisten fehlt einem jene Möglichkeit zur Projektion leider völlig, die Frauen beim Umschlag ihrer Zuneigung für Pferde zu brodelnder Leidenschaft angesichts singender oder kickender Popstars entwickeln können. Kein Weg steht da zu solch zartem Schmerz offen, wie B. ihn bei ihrer unerfüllten Liebe zu Dieter Eckstein erfuhr. Sie reiste dem Stürmer nicht nur zu Auswärtsspielen des 1. FC Nürnberg hinterher, sondern verdankt Eckstein gar ihren heutigen Beruf. B. beschloss damals, Sportjournalistin zu werden, weil die Reporter sich dort aufhalten durften, wo sie nur zu gerne gewesen wäre, und beschenkte Eckstein mit einer Collage aus Zeitungsfotos, zwischen die sie Bilder von sich geschummelt hatte, um die Möglichkeit einer Verbindung zu visualisieren. (Später brannte das Eckstein’sche Haus ab und damit wohl auch die schöne Collage.) Als B. aber eine Einladung zum Kaffee aussprach, die Eckstein auch annahm, platzte seine Frau dazwischen und machte dem Spuk ein Ende.

Die Spielerfrau ist offenbar der natürliche Feind junger Fußballfans weiblichen Geschlechts. C. ist noch heute der Meinung, dass „Anja hätte kacken gehen können, wenn er mich gesehen hätte“. Gemeint war der polnische Nationalspieler Andrzej Rudy vom 1. FC Köln, den C. einst per Brief und mit Hilfe eines Polnischwörterbuches zu ihrer Geburtstagsparty eingeladen hatte. Rudy rief sogar an, was C. zunächst für einen Witz hielt, aber keiner war. Gekommen ist er dann doch nicht, hat sich aber später von Anja getrennt, nur leider nicht wegen C.

K. hingegen verliebte sich noch präpubertär in Sepp Maier und entwickelte daraus später die These, dass den Hütern der Tore in besonderem Maße die Zuneigung der Frauen gehören würde, weil das mit dem Wunsch nach einem Beschützer korrespondiere. Allerdings war das möglicherweise nur der komplizierte Überbau für den unverständlichen Umstand, dass sie noch in erwachsenen Jahren von Hollands segelohrigem Torhüter Edwin van der Sar in den Bann gezogen wurde.

Doch was sind das für Abgründe im Vergleich zu jenen, in die mir meine Freundin M. kürzlich einen Blick erlaubte, als sie über die sinister erotische Wirkung des Bielefelder Profis Ansgar Brinkmann sprach. Diese wird kaum jemand nachvollziehen können, der den „weißen Brasilianer“ je gesehen und seinen dampfenden Charme erlebt hat. Dass er in einen Prozess wegen Körperverletzung verwickelt ist, schien seine Attraktivität für M. eher zu steigern. Eine Freundin besorgte ihr schließlich ein Foto von Brinkmann in Boxershorts. Dieses Bild im Goldrahmen fährt M. nun auf dem Beifahrersitz ihres Wagens (mit dem Sicherheitsgurt festgeschnallt) durch die Gegend und findet zufrieden: „Ich bin irre geworden.“ Als sie das Foto einem Arminia-Fan zeigte, fragte der, ob er jeden Tag kommen und es putzen dürfe. Durfte er natürlich nicht. Solcher Wahnsinn bleibt Frauensache.

Fotohinweis: Christoph Biermann (42) liebt Fußball und schreibt darüber