im gericht: das bürschchen und seine mutter
: Das Ende eines Brandstifters, der mit RAF, Knut und 11. September hantiert

Drei Mal loderte das Feuer in Spandau: Im März brannte eine Pizzeria aus und raubte einer Familie die Existenz. Nur knapp entkam der Inhaber, der die Nacht auf einer Matratze im Lager verbringen wollte, den Flammen. Im April wurde der Naturkunderaum einer Grundschule beschädigt, zwei Wochen später verrußten in einem Wohnhaus Keller und Flur, außerdem flogen infolge einer Verpuffung die Wohnungstüren aus den Angeln.

All dies richtete der 22-jährige Simon K. an, ein hübsches Bürschchen mit kindlichem Gesicht. Unterstützt wurde er von seiner Mutter, die sein Tun filmte und absicherte. Das Landgericht Berlin verurteilte Simon K. am Dienstag wegen Brandstiftung zu fünf Jahren Haft, die 49-jährige Roswitha K. bekam wegen Beihilfe eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Außerdem muss sie 90 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Herausgekommen waren die Taten, weil es beim dritten Anschlag im Keller eines Wohnhauses zu einer Verpuffung kam, bei welcher der Täter im Gesicht und an den Armen Verbrennungen erlitt. Simon K. rief den Notarzt. Schnell erkannte die Polizei die Verbindung zwischen dem Brand und dem Brandverletzten, der bis 2006 in diesem Haus gewohnt hatte.

Doch was war der Grund für diese Brandanschläge auf Gebäude in der Nachbarschaft, zu denen der Angeklagte wenig bis gar keinen Bezug hatte? Er habe sich rächen wollen, sagt der Angeklagte, „weil ich in dem Haus acht Jahre Psychoterror erlebt habe“. „Er wollte Aufmerksamkeit“, sagte der Verteidiger. „Er wollte Macht“, sagte der psychiatrische Gutachter. „Er wollte Abenteuer erleben“, sagte die Staatsanwältin. „Er wollte Angst vor Terror verbreiten“, urteilten die Richter. Sie ließen sich von dem Bekennerschreiben mit RAF-Logo leiten, das in der Ruine der Pizzeria gefunden wurde. Darauf stand: „Die RAF gibt es nicht mehr? Wir sind wieder da. Weitere Brandanschläge werden folgen.“ Später fand die Polizei im Computer des Mannes noch weitere Entwürfe à la „Der 11. September wird nach Deutschland kommen“.

Die Mutter will mitgekommen sein, weil sie von ihrem Sohn bedroht worden sei. Die Richter glaubten eher an die Version mit der Wettschuld: Weil sie in einem Video die von ihrem Sohn eingefügten Buchstaben nicht zu dem Satz: „Simon hat Knut, den Eisbären, mit dem Tode bedroht“ zusammenfügen konnte, musste Roswitha K. für ihren Sohn zehn Aufgaben übernehmen. Nach dem letzten Feuer hätte sie noch vier weitere Anschläge „abzuleisten“ gehabt, die der Angeklagte bereits mit Hilfe von Google Earth geplant hatte.

Der psychiatrische Gutachter bescheinigt dem intellektuell minderbegabten Simon K. in einem hastig erstellten Gutachten Unreife und eine Persönlichkeitsstörung, die aus einer Isolation seit frühester Kindheit herrührt. „Wie eingesponnen“ habe er in einer quasi geschwisterlichen Beziehung zusammen mit seiner Mutter gelebt. Die habe ihm früh beigebracht, von außen käme nichts Gutes. Der Verteidiger bemüht sich nun, Simon K. in der sozialtherapeutischen Einrichtung der JVA Tegel unterzubringen. UTA EISENHARDT