berliner szenen Bank oder Bahnhof

Reisezentrum Friedrichstraße

Bahnhof Friedrichstraße, am Nachmittag im Reisezentrum. Die Schlange ist lang, der Service knapp. Auf 21 Personen, die hier zum Fahrkartenkaufen und Beratenwerden anstehen, kommt ein offener Schalter. Schön, dass sich die Schalter-Dame durch nichts aus der Ruhe bringen lässt und jeden Ticketausdruck mit eingehender Genauigkeit prüft, um dann in Zeitlupe die Fahrkarte von den restlichen zwei Dritteln des Papiers zu trennen. Warum legt sich die Bahn eigentlich keine Drucker zu, die Papier im Fahrkartenformat verarbeiten können? Hat jemand mal darüber nachgedacht, wie viel Abfall durch die unbrauchbaren Zweidrittelreste jedem Tag entsteht?

Darüber macht sich das junge britische Pärchen vor mir keine Gedanken. Es plaudert über den Berlin-Urlaub. Das Paar vor ihnen ist älter und – so klingt es – aus Japan. Die beiden tuscheln schon seit geraumer Zeit mit zusammengesteckten Köpfen und unsicheren Blicken. Dann wendet sich der Mann an das britische Pärchen: „Can we change money here?“ Das Pärchen schaut sich belustigt an. Ich glaube nicht, meint die junge Frau, das hier ist ein Fahrkartenschalter. Ach so, sagt der Mann, wir dachten, es sei eine Bank.

Dann sei das alles hier also ein Bahnhof? Ja, sagt die Britin und weist auf die beleuchteten Tafeln, auf denen großformatig Züge abgebildet sind, auf die Fahrkartenautomaten, auf denen „Tickets“ in drei Sprachen steht und die Vitrine mit den Accessoires von Bahnmodellen bis Bahn-Lichterkette. Der Mann bedankt sich mit einer angedeuteten Verbeugung und verlässt mit seiner Frau das Reisezentrum. Eine Bank sei draußen rechts zu finden, ruft die junge Frau ihm hinterher.

SVENJA BERGT