OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Für Yasmin (Archie Panjabi), eine britische Sozialarbeiterin pakistanischer Herkunft, beginnt jeder Tag mit einer Verwandlung. Auf dem Weg zur Arbeit hält sie ihr Auto an, legt das Kopftuch und die „konservative“ Kleidung ab, die ihre Community von ihr erwartet, und schlüpft in Jeans. Die Umkleideaktion ist das perfekte Sinnbild für den Spagat, den die Gesellschaft der selbstbewussten jungen Frau ganz selbstverständlich abfordert: ein Leben zwischen der traditionellen – und von ihr ungeliebten – muslimischen Frauenrolle und den Anforderungen und Vergnügungen des modernen westlichen Alltags. Doch dann kommt der 11. September 2001 und alles wird anders. Denn die Einheimischen im Norden des Vereinigten Königreichs sehen die muslimischen Immigranten plötzlich mit anderen Augen. Wie sich der Anschlag auf das World Trade Center auf das Leben Yasmins, ihres Vaters und ihres Bruders auswirkt, wie sich die Immigranten dabei auch selbst verändern, zeigt der schottische Regisseur Kenny Glenaan in seinem Spielfilm „Yasmin“ ganz realistisch und mit manchmal bitterem Humor. Während etwa Yasmins konservativer Vater noch immer von tragikomischem Zutrauen in die britische Staatsmacht erfüllt ist, bekommt ihr Bruder Kontakt zu Radikalen und verlässt die Familie als potenzieller Terrorist. Yasmin selbst fängt hingegen an, den ständigen Ressentiments im Alltag zu begegnen, indem sie bewusst die Rolle einer modernen Muslima für sich akzeptiert.

Die völlige Paranoia der DDR-Staatssicherheit arbeiten die Regisseure Sascha Hilpert und Sandra Prechtel in ihrer Doku „Sportsfreund Lötzsch“ heraus. Letzterer ist der aus Karl-Marx-Stadt stammende Wolfgang Lötzsch, der in den 1970er-Jahren zu den talentiertesten Radfahrern der DDR gehörte. Doch dann wurde der auf seinen Sport fixierte Radler ordentlich ausgebremst: Ihm fehlte die „richtige“ Einstellung zum sozialistischen Staat. Lötzsch durfte nur noch als Amateur in einer Betriebssportgruppe fahren – gewann jedoch weiterhin Meisterschaften und Olympiaqualifikationen gegen seine geförderten Mitbewerber. Schließlich waren die Funktionäre derart in Verlegenheit, dass bis zu 50 Stasi-IMs im Einsatz waren, um Lötzsch zu Fall zu bringen. Und noch heute glaubt der letzte Stasichef Heinz Engelhardt, dass der ganze Aufwand, mit dem man das Leben Lötzschs ruinierte, lediglich dazu diente, Schaden von der DDR abzuwenden.

Abenteuer am Mississippi“ war nicht die erste Verfilmung von Mark Twains berühmten Roman „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“, doch Michael Curtiz’ Film aus dem Jahr 1960 hatte Farbe und ein wenig Musik zu bieten – das reichte als Grund für eine Neuauflage. Auch wenn der Mississippi nur eine Studiokulisse ist, charmant sind die Erlebnisse des gewitzten Jungen, der seinem tyrannischen Vater und der übertriebenen Fürsorge der Witwe Douglas entflieht, allemal. Mit dem entlaufenen Sklaven Jim treibt er auf einem Floß den Fluss hinunter, gerät dabei immer wieder mit einem Betrüger (der geniale Tony Randall) aneinander und bekommt es mit Sklavenjägern zu tun. Happy End trotzdem garantiert. LARS PENNING

„Yasmin“ (OmU) 7./8. 10. im Filmmuseum Potsdam

„Sportsfreund Lötzsch“ 6.–8. 10. in den Tilsiter Lichtspielen

„Abenteuer am Mississippi“ 4./5. 10. im Lichtblick-Kino