Rot-grüner Crash auf der Landebahn

Am Frankfurter Flughafenausbau würde eine hessische Koalition aus SPD und Grünen auf jeden Fall scheitern. Oder?

WIESBADEN taz ■ Niemals würden die Grünen dem Ausbau des Frankfurter Flughafens zustimmen – selbst dann nicht, wenn sie nach den Landtagswahlen in Hessen wider Erwarten aufgefordert würden, mitzuregieren. Sonst könne seine Partei „Konkurs anmelden“, sagt der grüne Abgeordnete Frank Kaufmann. Die Grünen haben sich festgelegt. Die SPD auch. Und zwar „felsenfest pro Ausbau“, so Spitzenkandidat Gerhard Bökel, der gegen Landeschef Roland Koch (CDU) antritt. Es sieht nicht gut aus für eine rot-grüne Koalition.

Bökel und Koch sind sich einig: „Kein Ausbau ohne Nachtflugverbot!“ Aber auch: „Kein Nachtflugverbot ohne Ausbau!“ Die Sozialdemokraten allerdings wollen das Nachtflugverbot erst „juristisch wasserdicht“ (Bökel) gemacht wissen – wenn notwendig vor Gericht. Roland Koch dagegen meint, Klagen gegen das Nachtflugverbot hätten ohnehin keine Chance. Die Lufthansa wiederum glaubt ganz fest daran, das Nachtflugverbot vor Gericht zu Fall bringen zu können.

Bökel will das abwarten. Sollte das Nachtflugverbot in letzter Instanz vom Europäischen Verwaltungsgerichtshof gekippt werden, werde es auch keinen Ausbau geben, verspricht er. Mit ihm also werde das Nachtflugverbot bald Realität – oder die Ausbaupläne obsolet. Im Interesse der Bevölkerung sollten die Grünen deshalb nach einem „immer noch möglichen Wahlsieg von SPD und Grünen“, so Bökel, noch einmal nachdenken.

Könnte aber sein, dass Bökel selbst auch noch einmal nachdenken muss. Denn an der Basis gärt es schon jetzt. Im Main-Taunus-Kreis, der vom Bau der Landebahn-Nord ganz besonders betroffen wäre, weigern sich viele Genossen, Plakate mit dem Konterfei von „Ausbaufetischist“ Bökel zu kleben. Der Direktkandidat im Wahlkreis Gross-Gerau Nord, Wolfgang Schneider, alter Startbahn-West-Aktivist, kämpft jetzt in den Fußgängerzonen gegen den Bau der neuen Landebahn Nord. Der Mann hat gute Chancen, das Direktmandat zu erobern. Und wie verhält er sich dann im Landtag?

Nun ist es wahrscheinlich, dass sein Gewissen nie gefragt wird, denn nach den jüngsten Umfragen hinken SPD und Grüne noch immer rund 14 Prozentpunkte hinter CDU und FDP her. Außerdem weiß niemand, wie viele Stimmen die Partei der Flughafenausbaugegner (FAG) den Grünen abjagen wird. Allerdings: die kleine FAG ist gespalten. Ein Flügel meint, die Grünen würden durch die Kandidatur der FAG nur geschwächt, die Partei selbst bekäme aber keine 5 Prozent.

Der andere Flügel rechnet hoch: Wenn alle Ausbaugegner FAG wählen würden, käme sie auf eine zweistellige Prozentzahl. Und warum sollte dann nicht die FAG mit den Grünen koalieren und den Ministerpräsidenten stellen? Warum eigentlich nicht?

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT