h.g. hollein Hirsch ho!

Die Frau, mit der ich lebe, meint, ich müsse da hin. Am 31. Januar, in Dortmund, könne ich noch was lernen. Und zwar „die Kunst, den Hirsch zu rufen“. Die ist „anspruchsvolles jagdliches Handwerk“, und in demselben wird an besagtem Tag um die Meisterschaft geröhrt. Dabei geht es um nichts weniger, als in der Brunftzeit „dem Platzhirsch einen Nebenbuhler“ vorzutäuschen, damit er „diesen annimmt und aus der Deckung kommt“. Dann lässt sich nämlich besser beurteilen, ob der Hirsch „den anspruchvollen Abschussrichtlinien entspricht“. Dafür muss sich ein Hirschrufermeister-Aspirant vor allem sensibel in die „Gemütsverfassung“ desjenigen einfühlen, dem er die Kugel anzutragen gedenkt, und auch „die Stimmungslage im Rudel“ gilt es zu bedenken. Zum Glück gibt es „Hilfsmittel zur Verstärkung des Tones und der Resonanz“. Als da wären: „Ochsenhörner, Tritonschneckengehäuse, Glaszylinder von alten Petroleumlampen“ oder „Heracleumrohr (der hohle Stängel des Riesenbärenklau)“. Damit sollten sich wohl die im Wettbewerb „vorgegebenen drei Rufarten“ nachahmen lassen. Andererseits: die Konkurrenz ist hart. Immerhin acht Teilnehmer werden am 31. die Aktionsbühne in Halle 4 des Dortmunder Messegeländes besteigen und sich „anonym“ – wie mag das wohl aussehen? – der Bewertung durch die Jury stellen. Ich frage mich nur, welchen Lerneffekt die Gefährtin sich bei mir erhofft. Immerhin bin daheim ich der Platzhirsch, und ich lasse mich durch keinen noch so täuschend imitierten Nebenbuhler in die Schusslinie locken. Außerdem ist sowieso erst im September wieder Brunftzeit.