Das lässt sich reparieren

Schuster Klöppner flickt alles: von den Stiefeln der Bauis über den handgenähten 1200-Euro-Schuh bis zum Autositz. Seine Arbeit lohnt sich auch bei billigen Schuhen, wenn sie gut eingelaufen sind

von GERNOT KNÖDLER

Die schönen alten Wanderstiefel hatten schon viele Blasen gerubbelt. Hilfsweise mit Klebeband geflickt, war das durchgescheuerte Innenfutter einige Touren lang zu ertragen gewesen. Als schließlich der Schaumstoff rausbröselte, schien die Mülltonne die einzige Zukunft für die im Übrigen bestens erhalten Stiefel zu sein – hätte es nicht diesen Schuster in der Nachbarschaft gegeben, der auf die schüchterne Frage, ob sich in diesem Fall wohl noch etwas machen ließe, meinte: „Na klar!“ Die Wanderschuhe tragen sich heute besser denn je.

Sven Klöppner hat sein Geschäft in der Stresemannstraße und behauptet offenbar nicht zu Unrecht: „Ich repariere jeden Schuh!“ Die Treter müssen keine Leder-Brandsohle haben und auch nicht genäht sein. Selbst eine Plastiksohle, die so weit durchgelaufen ist, dass sich die Luftkammern zeigen, kann aufgemöbelt werden.

In den meisten Fällen lohnt es sich: Zum einen wegen des Mülls; bei teuren Schuhen, weil es billiger ist, und bei billigen Schuhen, weil sie so oft unter Schmerzen eingelaufen werden. „400 Millionen Paar Schuhe pro Jahr werden in Deutschland gekauft“, sagt Christine Ax vom Institut für Produktdauer-Forschung (IPF) in Alsterdorf. „Ein Viertel davon landet ungebraucht im Müll, weil die nicht passen.“

Das IPF hat Computerprogramme zur Fertigung von Maßschuhen entwickeln lassen, die es zum Beispiel einfacher machen, Füße zu vermessen. Neben der Software sollen sich die an dem Projekt teilnehmenden Schuster künftig auch eine Palette von Schuhmodellen teilen und auf diese Weise Maßschuhe billiger herstellen können. So entstünden nicht nur langlebige Produkte, sondern auch Arbeitsplätze im Handwerk.

„Ich kriege zu 80 Prozent Scheißschuhe“, sagt Schuster Klöppner. Er meint damit Schuhe, die, selbst wenn sie schön und solide aussehen, doch nur geklebt oder aus minderwertigem Material hergestellt worden sind. Zur Demonstration schnappt er sich einen Herrenschuh der Marke Lloyds und zieht mit einer Kneifzange dessen Ledersohle ab. Darunter kommt eine Gummisohle zum Vorschein. Die Ledersohle dient dem schönen Schein und hilft vielleicht noch beim Tanzen. „Das ärgert mich als Schuhmacher“, sagt Klöppner.

Schuhe ganz aus Leder oder genähte Schuhe kriegt der Meister selten zu sehen, Maßanfertigungen im eher ärmlichen Bahrenfeld noch weniger. Dabei ist der Luxus von Schuhen ab 1200 Euro auf lange Sicht finanzierbar. „Die halten 20 bis 30 Jahre“, verspricht der Fachmann. Vorausgesetzt, sie werden richtig behandelt.

Klöppner empfiehlt, die Schuhe täglich zu wechseln, so dass der Schweiß trocknen kann. Dabei hilft ein hölzerner Schuhspanner, der zudem nicht nur die Form wahrt, sondern auch der Verfestigung scheuernder Falten vorbeugt. Vom Benutzer erwartet solch ein Schuh die etwas aus der Mode gekommene Pflege mit Schuhcreme und Bürste. „Was mich am meisten verblüffte, waren die Leute vom Bauwagenplatz“, erzählt der Meister. „Deren Knobelbecher waren zwar vorne aufgeklappt, aber sie waren gefettet.“

Von Schuhen allein könnte Klöppner nicht leben. Er graviert Schilder, schleift Schlüssel und repariert alles, was sich nähen lässt. Einmal habe ihm einer seinen Porsche vor die Tür gestellt, erzählt er. Während der Schuster den Sitz flickte, fuhr der Kunde mit dessen Panda durch die Stadt.