Miliz mit neuem Chef

Die USA geben das Kommando über die sunnitische Sahwa-Bürgerwehr ab. Doch Jobs gibt es nicht für alle

BERLIN/BAGDAD taz ■ Die irakische Regierung hat am Mittwoch von der US-Armee die Kontrolle über die im Kampf gegen al-Qaida eingesetzte sunnitische Sahwa-Bürgerwehr übernommen. Ab dem 10. November ist sie dann auch für die Bezahlung der Truppe verantwortlich. Allerdings werden nicht alle rund 100.000 Mann in die irakischen Sicherheitskräfte integriert werden, sondern nur ein Fünftel.

Bei der Sahwa, zu Deutsch „Erwachen“, handelt es sich meist um ehemalige sunnitische Aufständische, die teilweise mit al-Qaida zusammengearbeitet und dann die Seiten gewechselt haben. Sie haben maßgeblich mit zum Rückgang der Gewalt in den sunnitischen Provinzen und dem Einflussverlust von al-Qaida im Irak beigetragen.

Die schiitisch dominierte Regierung in Bagdad tut sich schwer mit der Aussöhnung ihrer ehemaligen Gegner. Regierungschef Nuri al-Maliki hat der Integration der Kämpfer zwar zugestimmt, jedoch auch eine Gegengruppierung namens Isnad („Unterstützung“) gegründet, jedoch ohne sichtbaren Erfolg. Gleichzeitig sind Armeekommandanten und Sondereinheiten angeblich auf Befehl al-Malikis in den gemischten Gebieten um Bagdad und der Provinz Diyala gegen die Sahwa-Milizen vorgegangen. Etliche ihrer Anführer wurden verhaftet.

Daher sind die Mitglieder der Sahwa von der Neuregelung nicht angetan. Ihre Befürchtungen reichen von nicht ausgezahlten Löhnen über Arbeitslosigkeit bis zur Festnahme oder Ermordung. Doch viele Schiiten und teils auch Sunniten misstrauen der Sahwa. In ihren Augen sind sie nichts weiter als ein Haufen Krimineller und Al-Qaida-Kämpfer, für die nur das Geld zählt.

Die Übergabe der Kontrolle über die Sahwa an die Regierung erfolgt vor den wichtigen Provinzwahlen. Hierbei wird es zu politischen Verschiebungen zu Lasten der beiden großen schiitischen Regierungsparteien kommen. Denn diesmal wollen sich die Sunniten und die radikale schiitische Mahdi-Miliz beteiligen. B. S., IRO