Abseilen gilt nicht

Das Tempodrom macht sich Mut: Angesichts drohender Insolvenz legen die Betreiber des Kulturzelts ein Konzept zur Kostensenkung und der Bespielung ohne Subventionen vor. Schließung dementiert

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Insolvenz? Schließung? Verkauf? Die Betreiber des Neuen Tempodroms sind gestern den Spekulationen über eine mögliche Pleite des defizitären Kulturzelts am Anhalter Bahnhof entgegengetreten. Dabei räumten sie ein, dass sich in der Spielzeit 2002 ein Fehlbetrag von 500.000 Euro angehäuft habe. Gleichzeitig wiesen sie aber Vorwürfe zurück, für die erneut aufgelaufenen Baukosten von knapp 1 Million Euro mitverantwortlich zu sein. Für diese Summe trage allein der Bauherr und Eigentümer, nämlich die „Stiftung Neues Tempodrom“, die Last, sagte Irene Moessinger, Betreiberin der Tempodrom-Veranstaltungs GmbH. Moessinger plädierte für den Weiterbestand der Stiftung und die Übernahme der Baukosten durch das Land. Sie schlug außerdem ein Konzept zum Betrieb des Tempodroms ohne öffentliche Subventionen und eine Entlastung der Stiftung vor.

In der letzten Woche hatte die taz über das erneute Baukostendefizit beim Tempodrom berichtet. Am kommenden Dienstag will der Senat entscheiden, ob er der Stiftung die Zuschüsse gewährt oder ob die Veranstaltungsstätte an einen privaten Träger veräußert werden soll. 2000/2001 hatte das Land den mit zumeist öffentlichen Geldern finanzierten Bau mit zusätzlichen insgesamt 6 Millionen Euro unterstützt. Tempodrom-Chefin Moessinger musste, nachdem die Bausumme von 20 auf 30 Millionen Euro geklettert war, den Stiftungsrat 2001 verlassen.

Nach Ansicht von Norbert Waehl, Geschäftsführer der Tempodrom Veranstaltungs GmbH, sollte das Land die Restsumme der Baukosten noch einmal stemmen. Das 500.000-Euro-Defizit im Pachtvertrag (1,2 Millionen Euro) hingegen hätten die drei Betreiber „selbst produziert“, da das Liquidrom erst im Mai 2002 eröffnen und der dritte Betreiber, der Gastronomiepächter Einhorn „nicht erfolgreich wirtschaften konnte“.

Bernhard Braig von Einhorn bestätigte den Einbruch des Cateringbetriebs. Zwischen dem im Jahr 2000 erstellten Wirtschaftsplan der Stiftung und den tatsächlichen Umsätzen „klafft klar eine Lücke“, sagte er. Der „11. September“ habe speziell in seinem Gewerbe negativ „durchgeschlagen“.

Um das Tempodrom langfristig zu sichern, schlugen die Betreiber vor, von der Stiftung alle das Gebäude betreffenden Dienstleistungen zu übernehmen. Durch Einsparungen in diesem Bereich könne die Stiftung um 600.000 Euro entlastet werden. Außerdem solle die Pacht sich zukünftig nicht wie bisher nach dem Umsatz richten. Wenn dieses Konzept zum Tragen komme, werde der Betrieb, so Waehl, „keine Verluste mehr produzieren“.