Nur Franzi weiß, was Franzi gut tut

Schwimmerin Franziska van Almsick startet beim Kurzstrecken-Weltcup in Berlin wenig glamourös in die Saison

BERLIN taz ■ Die Schwimmfreunde aus Zwickau hätten sich ihre Grüße getrost sparen können, jedenfalls deren ersten Teil. „Franzi und Ruppi – ihr seid vol supi“ hatten sie morgens noch eilig gereimt, doch nun, da das Aufgepinselte am Nachmittag endlich zur Entfaltung kam im Schwimmzentrum an der Landsberger Allee, war von Franzi weit und breit nichts mehr zu sehen. Das Glamour-Girl der deutschen Beckenszene hatte sich bereits am Samstagvormittag vom ersten Tag des Kurzbahn-Weltcups in Berlin verabschiedet, auf wenig glamouröse Weise: Über 100 Meter Schmetterling war sie mit 1:00,64 Minuten um eine Zehntelsekunde am Finale vorbeigeschwommen, so richtig „supi“ war das kaum. Zwar sah Trainer Norbert Warnatzsch die Leistung als „durchaus in Ordnung“ an. Und auch Franziska van Almsick fand alles „nicht so schlimm“, schon weil es sich bei den 100 Meter Schmetterling ja um eine „Nebenstrecke, keine Hauptstrecke“ von ihr handelte (was auch auf ihr sonntägliches Vorrunden-Aus über 100 Meter Rücken zutrifft). Besonders fröhliche Gesichter aber machten beide nicht zu ihren Sätzen. Ein bisschen mehr hatte sich Deutschlands Sportlerin des Jahres wohl schon erhofft bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt im Schwimmdress seit gut einem halben Jahr.

Andererseits: Die Zehntelsekunde zum Finale hatte van Almsick mehr bei der Wende verloren, gleich die erste missriet ihr gründlich, als beim eigentlichen Schwimmen. Und überhaupt: Was ist schon eine Zehntelsekunde am Anfang einer Saison? „Es geht doch alles erst los“, erinnerte Franzi deshalb, was speziell für sie seit rund vier Wochen erst gilt, so kurz nur trainiert die 24-Jährige wieder „professionell“, wie sie das nennt. Davor hat sie Urlaub gemacht, einfach nur Urlaub, sich huldigen lassen bei diversen Anlässen – und zu verarbeiten versucht, was im letzten Jahr über sie hereingebrochen war wie eine Flutwelle. Nur zur Erinnerung: Fünf Titel hatte Franzi erschwommen bei der EM im August an gleicher Stelle, dabei zwei Weltrekorde aufgestellt. Und doch sind das nur die nackten Zahlen, großartig zwar, aber nicht ein Zipfelchen erfassend von dem emotionalen Beben, das die 24-Jährige dabei erfasst haben muss. Als „Franzi van Speck“ hatte sie sich von den übelsten Presseschmierfinken in der Zeit davor beschimpfen lassen müssen, der Rest schrieb sie einfach nur so ab. Und dann das: Titel, Weltrekorde, das Comeback des Jahres – solche Dinge wollen verarbeitet sein. Es braucht seine Zeit.

Man muss das noch mal schreiben, weil es sonst schwer fällt, Franziska van Almsick richtig zu verstehen, wenn sie Dinge sagt wie: „Das letzte Jahr hat unheimlich viel Kraft gekostet, die kriege ich nicht so leicht zurück.“ Oder: „Es gilt die Kräfte einzuteilen.“ Oder: „Ich habe noch keinen blassen Schimmer“ – und damit die WM im Sommer in Barcelona meint und ihre Überlegungen, ob sie dort überhaupt starten soll. Die Frage hat längst wieder öffentliches Interesse erlangt, schließlich ist Franzi jetzt wieder ein Goldfisch. Und mag es dem ein oder anderen auch befremden, dass eine 24-Jährige überhaupt darüber grübelt, es ist und bleibt ihr gutes Recht. Zumal auch Barcelona und die WM nur eine Zwischenstation wären auf dem Weg zu Olympia 2004 in Athen, dem großen und wohl auch letzten Ziel ihrer Karriere.

Weltmeisterin war sie schon zwei Mal, alles andere hat sie auch gewonnen – nur Gold bei Olympia, das fehlt noch, um ihr sportliches Lebenswerk zu vollenden. „Athen ist und bleibt mein Hauptziel“, hat van Almsick am Wochenende deshalb betont, darauf sind schon jetzt ihre Gedanken und Planungen ausgerichtet, alles andere hat untergeordneten Wert, der Weltcup vom Wochenende sowieso.

Alles auf ein Ziel zu fokussieren, mag Risiken bergen, letztendlich aber kann nur Franzi wissen, was für Franzi gut ist, offenbar hat sie davon schon eine Ahnung. „Ich habe da so eine Strategie, und ich glaube, dass das auch klappen kann“, hat Franziska van Almsick jedenfalls gesagt. Die Schwimmfreunde aus Zwickau würde es freuen. Es wäre supi-supi. FRANK KETTERER