Ein völlig überflüssiges EU-Treffen

Heute kommen die Außenminister der Union zusammen, um sich über das Vorgehen in der Irakkrise abzustimmen. Doch Italien hält die Beratung für sinnlos: Nach der Einigung von Paris und Berlin sei eine gemeinsame EU-Position nicht möglich

aus Brüssel DANIELA WEINGÄRTNER

Um drei Uhr in der Nacht, wenn Hans Blix in New York wahrscheinlich im Tiefschlaf liegt, beginnt in Brüssel der Konferenztag. Denn dort ist es dann bereits neun Uhr – auf Einladung der griechischen Ratspräsidentschaft wollen sich die derzeitigen vier zur EU gehörenden UN-Sicherheitsratsmitglieder mit den Griechen und der ab Sommer amtierenden italienischen Ratspräsidentschaft absprechen. Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Spanien, Griechenland und Italien werden feststellen, dass ihr kleinster gemeinsamer Nenner in der Irakfrage winzig ist.

Italiens Premier Silvio Berlusconi hat seine Kollegen schon mal vorab über die Medien wissen lassen, dass es „vollkommen sinnlos“ sei, sich heute zu treffen. Wie La Republica berichtet, hat sich der Italiener darüber auch mit dem spanischen Premier José María Aznar ausgetauscht. Da sich Deutsche und Franzosen gemeinsam gegen einen Irakkrieg ausgesprochen hätten, gebe es für eine gemeinsame Position der EU keine Grundlage.

Ab 10 Uhr, wenn das Treffen in großer Runde beginnt, werden sich die EU-Außenminister heute seelenruhig mit Zimbabwe befassen. Die Franzosen haben den afrikanischen Diktator Robert Mugabe Anfang Februar zu einem panafrikanischen Gipfel nach Paris eingeladen. Das hat für Aufregung gesorgt, da zu den EU-Sanktionen gegen Zimbabwe auch ein Einreiseverbot für die politischen Führer des Landes gehört. Wenn es um Menschenrechtsfragen geht, kann dieser Bann aber ausgesetzt werden.

Beim Mittagessen endlich soll es um den Irak gehen. Da die Außenminister traditionell die jeweils brisantesten Themen zur Hintergrundmusik von Geschirrgeklapper besprechen, wäre das nicht weiter bemerkenswert. Doch diesmal ist das Timing verwirrend. Denn frühestens um 16 Uhr mitteleuropäischer Zeit stellt Waffeninspektor Blix in New York beim UN-Sicherheitsrat seinen Bericht vor. Zu einem Zeitpunkt also, wo die EU-Außenminister die Tafel aufheben und sich anderen Themen wie den Exportsubventionen für Weizen zuwenden wollen.

Was die Griechen zu dieser Tagesordnung bewog, bleibt ihr Geheimnis. Ist es die träge Bürokratie des Ratssekretariats? Oder steckt taktisches Kalkül hinter dieser Planung: Wenn wir über den Irak reden, ohne den Blix-Bericht zu kennen, brauchen wir uns am Montag nicht auf eine Position festzulegen?

Angesichts des uneinheitlichen Bildes, das die EU in der Irakfrage abgibt, mag Schweigen die Beste aller möglichen Optionen sein. Denn während aus deutschen Diplomatenkreisen in Brüssel gestreut wird, außer den Briten seien alle darin einig, den Waffeninspektoren sehr viel mehr Zeit einzuräumen, schätzen die Franzosen das Meinungsbild ganz anders ein: Spanier, Italiener, Dänen und Holländer wollten ähnlich wie die Briten auch ohne UNO-Mandat in den Krieg ziehen. Franzosen und Belgier warteten auf eine neue Resolution des Sicherheitsrats. Die Deutschen aber stünden ziemlich allein da.

Die Situation sei ziemlich schizophren, meinte nachdenklich ein französischer Diplomat. Während die Bürger in Europa den Krieg ziemlich einhellig ablehnten, seien die Regierungen in dieser wichtigen Frage uneinig wie lange nicht mehr. Immerhin bemüht sich das Europaparlament, den Bürgerwillen einmütig zum Ausdruck zu bringen. Am 16. Januar hatte Chefinspekteur Blix nicht nur die außenpolitischen Vertreter von Rat und Kommission getroffen, sondern auch Elmar Brok informiert, den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament. Unter der Bedingung, dass alle Fraktionsvorsitzenden sich auf eine Delegation einigen, die mit einer Stimme spricht und sich nicht von Saddam Husseins Propaganda instrumentalisieren lässt, will Blix eine Reise der Parlamentarier nach Bagdad befürworten.