Begrenztes Zittern

Neue EU-weite Zinssteuer: Es bleiben jedoch große Schlupflöcher für deutsche Anleger mit heimlichem Geld

BERLIN/MÜNCHEN taz/ap ■ Der Durchbruch bei der Europäischen Union wurde als Sieg im Kampf gegen Steuerhinterzieher gewertet: Am Dienstag vor einer Woche einigten sich die EU-Länder, ab 2004 gegenseitig alle Anleger samt den angelegten Summen und Erträgen zu melden. Zusammen mit der wohl kommenden Aufhebung des Bankgeheimnisses für Depots aller Art in Deutschland heißt das auf den ersten Blick, dass Steuern zu hinterziehen für Vermögende künftig schwierig wird.

Doch gemach: Erstens gelten die Vereinbarungen nur für Zinsen, also nicht für Aktienverkäufe, Optionen und andere Finanzinstrumente. Außerdem werden nur Privatpersonen erfasst, nicht aber Stiftungen et cetera. Weil auch Fonds mit einem Anteil an festverzinslichen Anleihen von weniger als 40 Prozent von den Meldungen ausgenommen bleiben, dürfte diese Art der Geldanlage eine Blüte erleben. Vor allem die wohlhabende Klientel der gewerbsmäßigen Steuerhinterzieher haben also wenig zu fürchten.

Auch ziehen nicht einmal alle Länder der EU mit, geschweige denn Steueroasen weltweit. Gerade die von deutschen Steuerflüchtlingen bevorzugten Länder Österreich, Luxemburg und Belgien weigern sich, die Kontrollmitteilungen auszustellen. Stattdessen werden sie eine einheitliche Quellensteuer einführen: Ab 2004 ziehen sie zunächst 15 Prozent der Zinserträge ab, ab 2007 dann 20 und ab 2010 schließlich 35 Prozent. Genauso wollen die Schweiz und Liechtenstein verfahren.

Fazit: Die geschätzten 300 Milliarden Euro der deutschen Anleger im Ausland bleiben anonym, werden höchstens in die fünf Länder ohne Kontrollmitteilungen umgeschaufelt. Und von den fünf Milliarden Euro Zinseinnahmen, die dem deutschen Fiskus dadurch jährlich entgehen, wird Hans Eichel auch künftig kaum etwas sehen. REM