irakresolutionen
: Blair degradiert den Sicherheitsrat

Der Sicherheitsrat darf ein wenig beraten, wenn Chefinspekteur Blix heute seinen Bericht über die Kontrollen im Irak vorlegt. Entscheiden über Krieg oder Frieden wird er nicht. Für den Fall, dass einzelne Mitglieder des Gremiums dies noch denken sollten, erklärte der britische Premier Tony Blair vorsorglich das Vetorecht in Sachen Irak für faktisch aufgehoben.

Kommentar von ERIC CHAUVISTRÉ

Schon als US-Präsident Bush zugestand, vor einem Angriff auf Irak den Sicherheitsrat einzuschalten, machte er deutlich, dass er nur eine Entscheidung des Rates in seinem Sinne akzeptiert. Neu ist allerdings, mit welcher Dreistigkeit Bush und Blair das Gremium in der Auseinandersetzung mit skeptischen Verbündeten wie Frankreich und Deutschland degradieren.

Wollen die französische und die deutsche Regierung tatsächlich ihre Sitze im Sicherheitsrat nutzen, um einen Angriff zu verhindern, dürfen sie sich nicht länger der Illusion hingeben, es könne dort noch ein Kompromiss ausgehandelt werden. Denn das wahrscheinliche Ergebnis ist eine unbestimmte Verurteilung des Iraks. Eine neue Resolution wird keine ernsten Konsequenzen ankündigen, weil Frankreich und auch – weniger bedeutsam – Deutschland dieser Einladung zum Krieg nicht zustimmen würden. Einen Rückbezug auf die erste UN-Resolution, die diese Konsequenzen aber durchaus androht, würden Bush und Blair aber so weit auslegen, dass er zur innenpolitischen Legitimierung des Krieges ausreichen dürfte.

Denn selbst wenn Bush auf eine ausdrückliche Ermächtigung durch den Sicherheitsrat verzichtet, einen gewissen Grad an internationaler Unterstützung braucht auch die mächtige Militärmacht USA – nicht aus militärischen, aber aus innenpolitischen Gründen. Deswegen hat Außenminister Powell auch darauf verwiesen, dass die USA schon ein ganzes Dutzend Verbündete beisammen hat.

Statt auf neue Kompromissformeln zu setzen, sollten auch die Regierenden in Paris und Berlin den Sicherheitsrat so nutzen wie ihre Kollegen in Washington und London: als politische Plattform. Auf diese Weise können die Kriegsgegner der Öffentlichkeit in den USA demonstrieren, dass die internationale Unterstützung für den Kurs ihres Präsidenten abnimmt. Die noch schwache, aber stetig wachsende Protestbewegung in den Vereinigten Staaten könnte so ermutigt und moralisch legitimiert werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies den Krieg stoppt, ist gering. Aber den Versuch ist es wert.