Suggestive Musik

... und detailgenaue Personenführung: Am Sonntag hatte „Dialogues des Carmélites“ an der Staatsoper Premiere

An der Hamburger Oper wiederholen sich die Dinge: zumeist vorzügliche Aufführungen, wenn das Duo Metzmacher-Konwitschny am Werke ist, bestenfalls musikalisch überzeugende Produktionen bei Inszenierungen anderer Regisseure. Und das alles nicht selten in Bühnenbildern, die keine Rücksicht nehmen auf die schwierige Akustik des Hauses. Nur ein bisschen anders war es jetzt bei Francis Poulencs Dialogues des Carmélites.

Ingo Metzmacher bringt mit großer Eindringlichkeit Poulencs Musiksprache zum Blühen und vereint nach einer längeren Anlaufzeit Klangflächigkeit und innere Dramatik in seinem Dirigat aufs Beste. Würde man die durchweg exquisiten Sängerinnen und die überwiegend ebenfalls guten Sänger noch besser hören, ließe sich vielleicht sogar von einem musikalischen Ereignis ersten Ranges sprechen. Leider aber schluckt der offene Bühnenturm das Stimmvolumen ungünstig postierter Sängerinnen und Sänger.

Trotzdem ist Metzmacher in weiten Teilen eine Interpretation geglückt, die an Suggestionskraft kaum Wünsche offen lässt. Im dritten Akt wurde der von ihm und seinem Orchester gestaltete Klangsog immer unwiderstehlicher. Da zog dann auch das anfangs im Blech noch etwas unsichere Orchester bestens mit und entwickelte ein erstaunliches Maß an Klangsensibilität.

Schade, dass die handwerklich in weiten Teilen sehr gekonnte Inszenierung von Nikolaus Lehnhoff in einem Bühnenraum spielt, der kaum stückspezifisch wirkt. Raimund Bauer hat das große Bühnenviereck mit Wänden umkleidet, die in ihrer senkrechten Gliederung mit abwechselnd schmalen und breiten Elementen die verschiedensten Assoziationen ermöglicht: Klosterkreuzgang, Gefängnis oder auch eine Reihe nebeneinander stehender Guillotinen.

Regisseur Lehnhoff erzählt die Geschichte um die an Daseinsangst leidende Blanche, die im Karmeliterkloster zusammen mit den anderen Nonnen in die Wirren der Französischen Revolution gerät, mit großer Intensität in der Personenführung. Dabei gelingen ihm ungemein starke Szenen wie die große Sterbeszene der alten Priorin, die Szenen in der Gefangenschaft und der gemeinsame Gang der Nonnen zum Schafott. Genauso wie Metzmacher seine Sängerinnen zu großartigen Sangesleistungen führt, so bringt Lehnhoff sie zu darstellerischer Intensität.

Reinald Hanke

weitere Aufführungen: Mittwoch, 29. und Freitag, 31.1., 19.30 Uhr, Staatsoper