Der Lafontaine aus Büdelsdorf

Hauptversammlung des angeschlagenen Mobilfunkunternehmens Mobilcom wird zum Duell des Firmengründers Gerhard Schmid mit seinem Nachfolger Thorsten Grenz. Auf der Strecke bleiben 1800 entlassene MitarbeiterInnen

von PETER AHRENS

Am Eingang müssen alle BesucherInnen erst einmal durch eine Sicherheitsschleuse – Vorkehrungen wie bei einem Terroristenprozess: Dabei geht es hier nur um die Hauptversammlung eines Mobilfunkunternehmens. Eines Unternehmens allerdings, das seit einem Jahr im Chaos zu versinken droht. Der einstige schleswig-holsteinische Vorzeigebetrieb Mobilcom aus Büdelsdorf ist gerade mühsam dabei, sich aus einem Scherbenhaufen wieder zu berappeln. Bei der gestrigen Hauptversammlung im Hamburger Curiohaus wurden aber nur wenige Scherben aufgekehrt.

Es ist der Shootout zwischen Vorstandschef Thorsten Grenz und seinem Vorgänger, dem umtriebigen Firmengründer Gerhard Schmid. Ein ungleicher Kampf, schon äußerlich. Schmid, berstend vor Energie, sieht immer so aus, als käme er gerade aus dem Sommerurlaub. Grenz ist ein hagerer, unauffälliger Rechnertyp, keiner, der die Medien gewinnt. Trotzdem sitzt Grenz oben auf dem Podium, Schmid nur in Reihe 7 als einer von Hunderten von Aktionären.

Der Firmengründer musste im Vorjahr seinen Hut nehmen, als sich das Unternehmen mit dem Kauf der UMTS-Lizenzen total verhoben hatte. Hauptaktionär France Télécom bekam daraufhin kalte Füße und verabschiedete sich Knall auf Fall aus dem Unternehmen. Mobilcom, plötzlich ohne seinen finanzkräftigsten Geldgeber dastehend, schrammte nur dank großzügigster Kredite des Bundes und des Landes Schleswig-Holstein an der Insolvenz vorbei.

Inzwischen existiert ein Vertrag mit France Télécom, der den Ausstieg aus dem UMTS-Geschäft regelt. Die Franzosen übernehmen die angehäuften Milliardenschulden der Büdelsdorfer. Die verpflichten sich im Gegenzug, sämtliche Erlöse aus dem Verkauf ihrer gerade erst erworbenen UMTS-Lizenzen nach Frankreich zu überweisen. Auf der Strecke bleiben 1800 entlassene MitarbeiterInnen.

Ein Fiasko, das die meisten Schmid anlasten. Für den Firmengründer aber kein Grund, sich gestern nicht selbstbewusst auf der Bühne zurückzumelden wie Oskar Lafontaine in der SPD. Gleich zu Beginn der Veranstaltung geht Schmid ans Rednerpult und verliest eine persönliche Erklärung, in der er jede Eigenverantwortung an dem Desaster zurückweist und France Télécom den schwarzen Peter zuschiebt. „Dass einige von Ihnen mit meinem Handeln in der Vergangenheit nicht einverstanden waren, kann ich verstehen“, gibt er sich gegenüber den zahlreichen Kleinaktionären ein bisschen zerknirscht und fügt gleich an: „Keiner will eine Entschuldung des Unternehmens mehr als ich.“ Einige klatschen Beifall, als hätte Schmid gerade die Rettung der Firma verkündet.

Als anschließend Grenz das Wort ergreift, um den Aktionären zu erklären, warum es mit Mobilcom so abwärts gehen konnte, verlässt Schmid demonstrativ den Saal, um im Foyer Kaffee zu trinken. Dort zündet er sich erst einmal eine dicke Zigarre an, schart die JournalistInnen um sich und reißt ein paar Witze über den farblosen Grenz. Man werde die Sanierung des Unternehmens weiterführen, liest der derweil vor, „unbeeindruckt von Querschüssen“ – es ist klar, wen er meint.