geläufig ist immer verdächtig

„denn natürlich ist b. schwul. er geht mit den mädchen auf den schulhof, sieht sich um, grüßt, bleibt stehen und ist schwul. meine damen und herren, sie hören jetzt die sendung: ein homosexueller ist immer verdächtig, johanna müller berichtet über vorurteile gegen eine minderheit. welche vorurteile wir gegen homosexuelle haben und wie die damit umgehen, das soll in dieser sendung verhandelt werden.“ Ein Zitat aus dem Buch „Kleinstadtnovelle“ von Ronald M. Schernikau (Foto). Und genau darum geht es heute Abend in der Literaturwerkstatt. Nicht nur um die Kleinstadtnovelle, sondern um den Dichter Schernikau und über Schwulsein, das selten so normal, so unprätentiös geschildert wird wie bei Schernikau. Dieser Dichter war eine Ausnahmeerscheinung und verstarb leider viel zu früh 1991 an Aids. Heute lesen zwei, die Ronald kannten. Der Schauspieler Thomas Keck und der Publizist Matthias Frings gestalten einen Abend über den Mann mit der seltsamen deutsch-deutschen Biografie: 1960 wurde er in Magdeburg (also Ost) geboren, wuchs in Lehrte bei Hannover (also West) auf, erlebte sein Coming-out in Westberlin, siedelte 1986 über nach Leipzig (wieder Ost). Dort studierte er am Institut für Literatur Johannes R. Becher. Seine essayistische Abschlussarbeit erschien 1989 im Konkret Literatur Verlag in Hamburg (West) unter dem Titel „Die Tage in L.“. Für Menschen, die Schernikau kennen, und für solche, die sein Werk kennen lernen möchten, gibt es keine bessere Möglichkeit, als heute Abend den Herren Frings und Keck zuzuhören. LAB

Literaturwerkstatt, 20 Uhr