Ein Heimspiel für Chávez in Brasilien

Venezuelas Präsident fliegt auf der Suche nach Rückendeckung nach Porto Alegre und wird dort gefeiert

PORTO ALEGRE taz ■ Hugo Chávez ist Brasilien-Fan. Bereits zum dritten Mal innerhalb von vier Wochen flog der venezolanische Präsident zum großen Nachbarn, bei dem er sich Rückendeckung für seinen Konflikt mit der Opposition erhofft. Wie schon bei einem Spontantrip nach Brasília tauchte der Linksnationalist am Sonntag auch in Porto Alegre ohne Einladung auf, aber mit großem Gefolge. Er traf sich mit Politikern und Intellektuellen, gab eine Pressekonferenz und redete zweieinhalb Stunden lang vor 5.000 begeisterten Fans.

Unter der Führung des brasilianischen Präsidenten Lula stehe jetzt das Projekt einer „lateinamerikanischen Union“ auf der Tagesordnung, sagte Chávez. Für ihn gehört Venezuela seit einer 1989 blutig niedergeschlagenen Revolte gegen IWF-Sparmaßnahmen zur „Vorhut des Widerstands gegen den Neoliberalismus“.

Auf der Pressekonferenz geißelte er die „unmoralische, ewige Verschuldung“ der Entwicklungsländer und forderte einen umfassenden Schuldenerlass. Die Präsidenten Südamerikas müssten sich zusammenschließen, um gemeinsam gegenüber den Gäubigern einen Erlass auszuhandeln. Seit seinem Amtsantritt vor vier Jahren habe Venezuela Zinsen und Zinseszinsen in Höhe von 20 Milliarden Dollar gezahlt, die Auslandsschulden von 26 Milliarden jedoch dadurch nicht abgebaut.

Angesichts der Armut Lateinamerikas seien strukturelle Veränderungen auf demokratischem Weg nötig. „Die venezolanische Oligarchie ist unfähig, dies zu verstehen“, sagte Chávez mit Blick auf die Massenproteste im eigenen Land. Baldige Neuwahlen schloss er kategorisch aus. Der einzig verfassungsmäßige Weg sei ein „Rücktrittsreferendum“, das frühestens im August abgehalten werden könne. Eine andere Volksabstimmung, die seine Gegner für den 2. Februar beantragt hatten, war am letzten Mittwoch vom Obersten Gerichtshof gekippt worden. Der Auftritt in Porto Alegre ist das jüngste Beispiel für Chávez’ Offensive, mit der er im Ausland diplomatisch und publizistisch Boden gutmachen will.

GERHARD DILGER