Platzverweise als Motiv

Amtsgericht verurteilt 30-Jährigen zu sechs Monaten Haft, der betrunken Innensenator Ronald Schill schlagen wollte, aber nur dessen Leibwächter traf

Passiert war nichts. Jean-Pierre K. war angetrunken, holte zum Schlag aus und traf statt seines Zieles einen anderen Mann, der dazwischenging. Dennoch sitzt er seit fast zwei Monaten dafür in Untersuchungshaft und wird weitere Monate im Gefängnis bleiben müssen. Das Amtsgericht verurteilte ihn gestern zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung. Denn der Mann, den K. treffen wollte, heißt Ronald Schill – Innensenator von Hamburg.

Und: Der 30-Jährige hat ein langes Vorstrafenregister. Damit begründete der Richter, warum der Angeklagte keine Bewährung mehr bekommt. Der nahm lange harte Drogen, bekommt inzwischen Methadon. Auch am 4. Dezember war er auf dem Rückweg von der Drogenambulanz, als er am Hauptbahnhof mit Freunden „ein Bier nach dem anderen wegzischte“. Irgendwann entdeckte er den Innensenator, der mit seinen Bodyguards am Taxistand Hachmannplatz stand. K. lief auf ihn zu, wollte zuschlagen und traf statt des Innensenators dessen Leibwächter leicht im Gesicht.

K. behauptete, sich wegen seines Alkoholpegels an nichts mehr erinnern zu können. Allerdings räumte er ein, durchaus ein Motiv gehabt zu haben. Denn er findet es „nicht gut, überall, wo ich stehe und ein Bier trinke, weggescheucht zu werden“. Sogar vor der Drogenambulanz bekäme man ständig Platzverweise. Schuld daran sei Schill, auf den er „nicht unbedingt gut zu sprechen ist“. Weswegen er laut Gericht auch durchaus bewusst und damit strafbar zugeschlagen hat. Elke Spanner