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: Der Schüler LeBron James gilt als die Zukunft der NBA

Hyperhype um den Auserwählten

Es ist, als sei Jesus Shuttlesworth, das High-School-Basketballwunder aus Spike Lees Film „He Got Game“, von der Leinwand ins wirkliche Leben herabgestiegen. Alles ist da: die Lobeshymnen großer Stars wie Michael Jordan, Bill Walton oder Shaquille O’Neal, die Titelgeschichten der Magazine, die Fernsehpräsenz, kurzum: all der gigantische Hype. Nur eine Sache fällt aus im Falle von LeBron James: die Jagd der Colleges auf das Riesentalent. Längst ist klar, dass der 18-Jährige aus Akron/Ohio direkt in die NBA wechseln wird.

Seit Montag ist auch klar, dass „Der Auserwählte“, als den ihn Sports Illustrated auf einem Cover feierte, zumindest sein Seniorjahr im Team der St. Vincent-St. Mary High School regulär beendet. Die Schulbehörden in Ohio sprachen ihn von einem Verstoß gegen die Amateurregeln frei, nach denen kein Athlet materiellen Vorteil aus seinem sportlichen Ruhm ziehen darf. Schwer vorstellbar, dass der protzige Minivan im Werte von 60.000 Dollar mit drei eingebauten Fernsehern und einem Playstation-Anschluss, den LeBron von seiner allein erziehenden, arbeitslosen Mutter kürzlich zum Geburtstag spendiert bekam, anders finanziert wurde. „Nach momentanen Bestimmungen“ sei alles regulär gelaufen, ließen die Investigatoren jedoch wissen, LeBron James kann also weiterhin den Fans einen Vorgeschmack dessen liefern, was viele als die Zukunft der NBA sehen.

15.000 Menschen kamen kürzlich zu einem seiner Auftritte, das größte Publikum, das je ein High-School-Basketballmatch sah. Die teuersten Sitze bei seinen Partien kosten 100 Dollar, für 7,95 kann man sie in Ohio als Pay-per-View ordern. Im Dezember wurde wegen LeBron James erstmals ein High-School-Match landesweit übertragen. Sein Originalautogramm gibt es bei eBay für 100 Dollar, seine Bobblehead-Puppe für 16,50. Rund 1,5 Millionen Dollar werden diese Saison mit seiner Vermarktung verdient, und die Firma Adidas, mit Nike in einem heißen Wettstreit um den dicken Basketballfisch, schätzt sich glücklich, dass er ihre Produkte trägt. Ohne bisher etwas dafür zu bekommen, versteht sich. „Jeder hat von seiner Berühmtheit profitiert“, sagt Adidas-Manager Sonny Vaccaro, „außer er selbst.“ Sieht man mal vom Minivan ab.

Das alles ändert sich schlagartig im März. Dann hat James sein letztes Schulmatch absolviert und wird bei einem der um ihn buhlenden Sportartikler einen Vertrag nicht unter 20 Millionen Dollar abschließen. Das NBA-Gehalt der sicheren Nummer eins des Draft im Juni dürfte, bei welchem Klub auch immer, etwa elf Millionen Dollar für die ersten drei Jahre betragen.

Die große Frage ist, ob die basketballerische Leistung des Jünglings, der wie Jordan die Nummer 23 trägt, mit seiner Größe von 2,03 m, seinen Bewegungen, seinem Passspiel und seiner Ballfertigkeit aber eher an Magic Johnson erinnert, die Vorschusslorbeeren rechtfertigen kann. Der letzte als künftiger Jordan gepriesene High-School-Überflieger mag als warnendes Beispiel dienen. Schea Cotton fiel nach einigen Verletzungen und Querelen beim Draft 2000 überraschend durch und spielt heute bei Evreux in der zweiten französischen Liga. Andere, die von der Schule direkt in die NBA kamen, hielten sich besser: Kevin Garnett, der Pionier, zuletzt Amare Stoudemire in Phoenix, designierter Rookie des Jahres, oder Kobe Bryant, Jermaine O’Neal, Kwame Brown, die jedoch alle eine gewisse Anlaufzeit brauchten. Zeit, die man einem Hyperhype wie LeBron James gewiss nicht zubilligen wird.

MATTI LIESKE