Mit MTV und Kahn

Nach dem Erfolg von „Pollicino“: Am Sonntag hat mit „Cinderella“ die zweite Kinderoper Premiere

Wenn Kinder auf der Bühne stehen und schauspielern, singen oder tanzen, dann gehört dazu in der Regel eine mit stolzen Eltern gut gefüllte Schul-Aula. Die halböffentliche Präsentation des talentierten Nachwuchses gehört seit jeher zu den vielfältigen Initiationsriten im Erziehungswesen. Doch es geht auch anders: mit der Inszenierung der Kinderoper Cinderella lädt die Hamburger Staatsoper Kinder dazu ein, die Kunstform Musiktheater aus beiden Perspektiven kennen zu lernen: als Aufführende und vor allem auch als Publikum.

Nach dem großen Erfolg von Pollicino, einer Kinderoper von Hans-Werner Henze ist Cinderella schon die zweite Produktion in der Reihe „Opera piccola“. Staatsopern-Intendant Langevoort weist gerne auf die regelmäßig ausverkauften Vorstellungen des Projektes hin, für ihn ein Indiz dafür „dass es einen Bedarf an solchen Projekten gibt“. In jedem Fall will man weiterhin Oper für ein junges Publikum anbieten, auch wenn „Opera piccola“ nur außerhalb des regulären Spielplans und mit der Hilfe eines langfristigen Sponsorings realisiert werden kann.

Und so üben jetzt 48 DarstellerInnen zwischen acht und 16 Jahren die Texte und Noten. Jede Rolle ist doppelt besetzt, um Ausfällen durch Krankheit oder Terminprobleme vorzubeugen. Frühzeitiger Starrummel zählt auch nicht zu den Zielen des Projektes. „Die Kinder in den Proben mit der musikalischen Arbeit vertraut zu machen und ihnen auf diese Weise einen Zugang zur Musik zu eröffnen, ist allein schon eine schöne Sache“, betont Intendant Langevoort.

Die Kurzoper Cinderella des britischen Avantgarde-Komponisten Peter Maxwell Davies passt genau in dieses Konzept. 1980 schrieb Davies die aktualisierte Geschichte des Aschenputtel-Märchens gezielt für eine Realisierung durch Schulkinder. Für die Kombination von Liedern und Chören, Spielszenen und Tänzen schlug er vor, den Text jeweils neu mit lokalen Anspielungen an den Aufführungsort zu versehen. So kann in Hamburg das Au-pair-Mädchen Cinderella den neuesten Schick auf MTV bewundern, die bösen Schwestern schwärmen für Olli Kahn.

Nun soll auf Kampnagel Premiere sein, das dürfte letzte Hemmschwellen gegenüber der Institution Oper ausräumen. Dem Regisseur Branko Brezovec ist die Arbeit mit Musiktheater-Produktionen und jungen DarstellerInnen nicht unbekannt. Mit dem Jungen Theater Zagreb (ZKM) war er im Oktober nach Berlin eingeladen, im Frühjahr 2004 ist eine Koproduktion des ZKM mit Kampnagel geplant. Für die musikalische Leitung steht Cornelius Meister, der schon als Zehnjähriger Werke von Hans Zender und Manfred Trojahn uraufführte und auch bei der ersten „Opera piccola“-Produktion den Takstock schwang. Nicht nur Eltern und Geschwister sind zu der „rasanten Märchenrevue“ eingeladen. Zwölf Vorstellungen sind allein im Februar geplant.

Tobias Richtsteig

Sonntag, 17 Uhr, Kampnagel, k2