Gift belastet Watt

Noch immer hohe Chemikalienbelastung in der Nordsee, weist der WWF in einer neuen Studie nach. Verbote einzelner Giftstoffe sind keine Lösung

von SVEN-MICHAEL VEIT

„Seehunde gleichen einer schwimmenden Schadstoffdeponie“, sagt Patricia Cameron. Im Wattenmeer an der Nordsee stehen sie an der Spitze der Nahrungskette, und die Schadstoffe in den Fischen, die sie fressen, reichern sich in Organen und Fettgewebe der Meeressäuger an. Das sei, sagt die Meeresexpertin des World Wide Fund for Nature (WWF), mit eine Ursache für das Massensterben der Seehunde im vorigen Sommer gewesen.

Gestern stellte Cameron im Hafenclub an den Landungsbrücken eine neue Studie über die Giftbelastungen im Wattenmeer vor. In ungeheuren Mengen gelangen weiterhin Pestizide, hormonell wirkende Chemikalien sowie diverse Zusatzstoffe aus Waschmitteln, Kosmetika oder Farben über die Flüsse in die Nordsee. Im Boden des flachen Wattenmeeres lagern sie sich ab oder gelangen in die Nahrungskette. Besonders mit Umweltgiften belastet sind Flundern, Aale und Muscheln – und jene, die sie essen.

Entsprechend hoch sind auch die gesundheitlichen Risiken für Menschen. Den Rat, Fisch nicht zu essen, gibt Cameron hingegen nicht. Das müsse jeder „selbst entscheiden“. Denn im Vergleich zu den 80er Jahren sind Nordsee und Zuflüsse wie die Elbe zwar deutlich sauberer geworden, „erschreckend“ aber sei „die Langlebigkeit“ der Schadstoffe in Sedimenten und Organismen.

So ist zum Beispiel die Belastung von Möweneiern mit Pestiziden und PCB „annähernd“ gleich geblieben, obwohl diese seit mehr als zehn Jahren nicht mehr verwendet oder hergestellt werden dürfen. Verbote einzelner Stoffe, sagt Cameron, „sind keine Lösung“. Deshalb kündigt der WWF seine „massive Unterstützung“ an für eine von der EU geplante Verschärfung der Chemikalienzulassung.

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