Es dauert noch

Plädoyers im Motassadeq-Prozess wieder verschoben. Heute kommen Angehörige der Opfer des 11. September

Heute treten zum ersten Mal die Nebenkläger selbst auf. Mehrere US-Amerikaner, die bei den Terroranschlägen vom 11. September Angehörige oder Freunde verloren haben, sind nach Hamburg gekommen, um einmal Mounir El Motassadeq in die Augen zu sehen. Er ist vor dem Oberlandesgericht (OLG) angeklagt, die Attentate mit vorbereitet zu haben. Eigentlich wollten die Nebenkläger die Plädoyers anhören, die gestern beginnen sollten. Da die Verteidigung des Marokkaners aber noch Beweisanträge stellte, ist das Ende zurzeit noch nicht abzusehen.

Die neuen Beweisanträge sind aus Sicht der Anwälte notwendig geworden, weil der Hauptzeuge Ramzi Binalshibh im Prozess nicht vernommen werden kann. Die USA haben seine Vernehmung abgelehnt, die deutschen Nachrichtendienste weigern sich, Protokolle von Aussagen des mutmaßlichen Hauptattentäters dem Gericht zur Verfügung zu stellen. Deshalb hat die Verteidigung beantragt, stattdessen Mohammed Haidar Zammer zu vernehmen. Der Deutsch-Syrer, der in Syrien inhaftiert ist, soll im Auftrag von al-Qaida die Attentäter des 11. September angeworben haben – und aussagen, dass Motassadeq nicht unter den Auserwählten war.

Dass die Anwälte weitere Zeugen anhören wollen, verschlechtert merklich die Stimmung vor Gericht. Nachdem er in der Vergangenheit immer wieder ganze Prozesstage hat ausfallen lassen, drängt der Vorsitzende Richter des OLG, Albrecht Mentz, jetzt zur Eile. Nach den gestrigen neuen Beweisanträgen hat er kurzerhand weitere Prozesstage für die kommende Woche angesetzt und die Verteidigung damit in organisatorische Schwierigkeiten gebracht – ohne Not, denn es sind ohnehin bis Ende Februar Termine reserviert. Rechtsanwalt Hartmut Jacobi empfand das als „Bestrafung der Verteidigung, die wir so nicht hinnehmen“. ELKE SPANNER