Atomtreu und erdverwachsen

Regierungswechsel in Niedersachsen pro CDU würde Gorleben als Endlager für Atommüll wieder auf die Tagesordnung heben. Vieles von Hamburg abgeschrieben

CDU-Landesvorsitzender Dirk Fischer weiß es jetzt schon: „Ein Regierungswechsel in Niedersachsen ist gut für Hamburg“, jubilierte er gestern bereits vier Tage vor der Wahl am Sonntag. Tatsächlich spricht bei den gegenwärtigen Umfragewerten einiges dafür, dass die CDU erneut – wie in fast zwei Jahrzehnten, bis 1994 Gerhard Schröder gewann – ans Ruder kommt. Und das hätte Folgen für Hamburg und sein Umland. Vor allem im Castor-geschädigten Wendland wird man sich dann noch wärmer anziehen müssen, als dies bisher schon unter SPD-Ägide der Fall war.

Der Unions-Spitzenkandidat Christian Wulff hat bereits angekündigt, Gorleben als Endlagerstandort für Atommüll wieder aktiv in die Diskussion zu bringen. In seinem Regierungsprogramm spricht Wulff zwar etwas vorsichtiger davon, „zu überprüfen, ob sich der Salzstock Gorleben als Endlager eignet“, doch sein Umweltminister-Kandidat Lutz Stratmann hat sich schon mit der Idee hervorgetan, nicht nur deutschen, sondern auch Atommüll aus anderen Ländern in Gorleben zu verklappen. Ohnehin macht die Nordwest-CDU in ihrem Programm deutlich, dass die Atomenergie für sie „sicher und umweltfreundlich“ ist.

Ansonsten gleichen die Ziele, die Wulff als möglicher neuer Regierungschef in Hannover verfolgt, einer Abschrift Hamburger Senatshandelns. Geschlossene Heime für straffällige Jugendliche stehen ebenso auf der Tagesordnung wie die Schaffung von erheblich mehr Polizeistellen. Und was Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust extrem beruhigen wird, steht auch im christdemokratischen Regierungsprogramm schriftlich niedergelegt: Man unterstütze die Olympiabewerbung Hamburgs.

Als ebenso potenzieller wie willfähriger Koalitionspartner stünde die FDP zur Verfügung. In einem Punkt nimmt FDP-Spitzenkandidat Walter Hirche allerdings eine andere Position ein als Wulff: Die Elbvertiefungspläne des Hamburger Senats lehnt er ab: „Die Sorgen und Ängste der Menschen entlang der Elbe dürfen nicht beiseite geschoben werden“, hat Hirche unter dem Eindruck des Elbhochwassers festgestellt.

Die vergangenen Landtagswahlen waren die Schröder-Wahlen: 1998 wurde über den Kanzlerkandidaten mit abgestimmt, und entsprechend stark war das SPD-Ergebnis auch in den Landkreisen in Hamburgs Speckgürtel. Ergebnisse wie in Stade, wo sich die SPD auf 50,3 Prozent verbesserte oder in Cuxhaven, wo sie gar 51,9 Prozent erhielt, waren denn auch Ausreißer nach oben. Und ob die Grünen trotz ihrer wendländischen Vorfrau Rebecca Harms noch einmal 17,6 Prozent im Wahlkreis Lüchow-Dannenberg einfahren wie vor fünf Jahren, darf angesichts der zwischenzeitlich gefahrenen rot-grünen Castor-Transporte auch bezweifelt werden. PETER AHRENS