5.000 Jobs für Bremen

Der zweite Arbeitsmarkt wird geschrumpft – jetzt gehen die Beschäftigungsträger in die Offensive: Sie fordern mehr statt weniger öffentliche Beschäftigung. Heute werden ihre Thesen diskutiert

„Keiner kann bestreiten, dass es besser ist zu arbeiten als rumzusitzen“

Es klingt nach Provokation: 5.000 Jobs sollen in Bremen entstehen – im zweiten Arbeitsmarkt. Und das, obwohl der zweite, öffentlich geförderte Arbeitsmarkt allenthalben beschnitten wird und die Instrumente der Hartz-Gesetze sämtlich darauf angelegt sind, Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Die 5.000 Jobs sind eine Vision – Kern eines Thesenpapiers, das heute Mittag in Findorff diskutiert wird. Verfasser der Thesen ist eine Arbeitsgruppe des Verbands Bremer Beschäftigungsträger (VBB).

„Wenig spricht dafür, dass sich die Arbeitslosigkeit im Land Bremen mittelfristig verringern wird“, heißt es in dem Papier, „es fehlen insbesondere Jobs für Geringqualifizierte, Ältere, Behinderte und Unangepasste.“

Und das wird auch so bleiben. Denn die Mittel, die das Arbeitsamt für Beschäftigungsmaßnahmen ausgeben kann, schrumpfen. Unter anderem fehlt Geld aus dem Bundeshaushalt, auf das die Arbeitsämter bisher immer setzen konnten (die taz berichtete).

Doch was schwerer wiegt: Die so genannten Hartz-Gesetze mit ihren Personal-Service-Agenturen, Job-Centern oder Ich-AGs setzen vor allem auf die Menschen, die arbeiten können und die von Unternehmen gewollt werden. Dazu gehören jedoch nicht unbedingt Menschen, die über 50, krank oder behindert sind oder diejenigen, die aus anderen Gründen nicht leisten können, was Arbeitgeber verlangen.

Sie alle, so die Sorge des VBB, werden immer mehr an den Rand gedrängt. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass der Klassiker unter den Beschäftigungsmaßnahmen, die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) um die Hälfte gekürzt werden wird.

Zwar ist derzeit nur von einer Kürzung der Mittel um 25 Prozent die Rede. Doch „real heißt das, dass wesentlich mehr wegbrechen wird“, fürchtet VBB-Geschäftsführerin Petra Reinhardt. „Was da gerade passiert, hat die Tendenz eines Schlachtfestes.“

Gemeinsam mit Uwe Lange, Geschäftsführer der BRAS (siehe Kasten), und Carl Arend von der Neuen Arbeit der Diakonie (Nadiak) hat sie die Thesen verfasst, mit denen sich die Organisatoren öffentlicher Beschäftigung aus der Defensive katapultieren wollen.

„Natürlich geht es auch um die Existenz der Beschäftigungsträger“, sagt Reinhardt, „aber vor allem geht es uns um die Menschen.“

In Bremen sind derzeit mehr als 40.000 Menschen arbeitslos. 5.000 neue Jobs sind gut ein Drittel mehr als die 3.500 Maßnahmen aller Art (siehe Glossar), die es derzeit gibt. Das Mehr an Maßnahmen lasse sich finanzieren, glauben die Autoren.

„Die Lohnhöhe“, so heißt es in dem Papier, „solle dem Arbeitslosengeld II plus einem Euro netto pro geleisteter Arbeitsstunde entsprechen.“ Das so genannte Arbeitslosengeld II löst die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe für erwerbsfähige SozialhilfeempfängerInnen ab – und entspricht damit der Sozialhilfe.

Dass sie sich mit diesem Modell nicht bei jedem beliebt machen, wissen die Autoren. Aber: „Keiner kann bestreiten, dass es besser ist zu arbeiten als rumzusitzen“, ist Uwe Lange sicher, „es ist besser, Arbeit zu subventionieren als Arbeitslosigkeit.“

Außerdem werde die Zielgruppe, um die es geht, nicht immer dieselben Leistungen bringen wie Menschen im ersten Arbeitsmarkt – zumal es viele sinnvolle Tätigkeiten gibt, die Kommunen sich zu Marktpreisen nicht leisten können. „Da ist es doch sinnvoll, dass weniger bezahlt und so real dargestellt wird, was auf dem Arbeitsmarkt los ist, statt Scheinwelten aufzubauen“, so Lange und betont gleichzeitig, das sei seine ganz persönliche Meinung.

Wenn es nach Lange ginge, könnten auch alle bisherigen Instrumente der Arbeitsmarktpolitik abgeschafft werden – zugunsten des einen neuen, was im Detail jedoch noch entwickelt werden müsse.

Unklar ist auch noch, wie die neuen Jobs inhaltlich gestaltet werden könnten. Im Dienstleistungsbereich, in Schulen und Kindergärten oder im Recyclingbereich könnten sie sich bewegen, so die Vorstellungen. „Es muss zusammen kommen, was die Kommunen brauchen und wer’s machen kann“, sagt Lange, und das, ergänzt Petra Reinhardt müsse „langsam und kontinuierlich mit allen arbeitsmarktpolitischen Akteuren entwickelt werden.“

Damit will der VBB heute beginnen. Im Rahmen des BRAS-Jubiläums diskutieren heute Arbeitsamtsdirektor Christian Hawel, Arbeits-Staatsrat Arnold Knigge, Arbeitgeberchef Ortwin Braun, DGB-Vorsitzende Helga Ziegert, die Chefin der Bremer Arbeit GmbH und BRAS-Mann Uwe Lange die Ideen des Verbands.

Susanne Gieffers

„Wie weiter mit öffentlich geförderter Beschäftigung in Bremen?“, Podiumsdiskussion im Jugendzentrum Findorff, Neukirchstr. 23 a, heute um 13.30 Uhr