Die Grüne, die als Abzockerin herhalten muss

Schleswig-Holsteins Staatssekretärin Henriette Berg bekommt ihre Ruhe vom Umweltschutz – und ordentlich Pension

Keine schlechte Zeit war das für Henriette Berg. Sechs Jahre arbeitete sie als schleswig-holsteinische Umwelt-Staatssekretärin. Die Grüne war im nordfriesischen Tönning dabei, als ein Haus für Wale gebaut wurde. Gemeinsam mit dem ostdeutschen Chefindianer Gojko Mitic schmiedete sie Pläne, wie Fledermäuse besser geschützt werden können. Umweltschutz war ihre Sache.

Folgerichtig gehörte die studierte Soziologin, die ihre Karriere 1986 unter dem Grünen Kämmerer Tom Koenigs in Frankfurt am Main begann, vor vier Jahren mit zu den Verfassern eines grünen Umweltpapiers. Darin forderte sie eine „positivere Besetzung“ des Wortes Umweltschutz. Es dürfe nicht mit Verhinderungspolitik assoziiert werden – weg von der „Kontrolletti-Mentalität“. Die 48-Jährige stand für grüne Urinstinkte.

Seit Anfang der Woche steht sie allerdings auch dafür, dass die Grünen zum grauen bundesdeutschen Politalltag gehören. Ihr Abgang als Staatssekretärin nämlich ist begleitet von einer Debatte, die den Grünen nicht gut zu Gesicht steht. Jedenfalls dann nicht, wenn man die Partei an ihrem Gründungsmythos messen will.

Im Zuge der rot-grünen Kabinettsumbildung in Kiel verabschiedet sich die Staatssekretärin aus ihrem Ministerium. Am Dienstag erhielt sie ihre Entlassungsurkunde. Dazu bekommt sie, so sieht es jedenfalls bis jetzt aus, eine recht umfängliche Pension. In den kommenden drei Monaten je 9.500 Euro. Dann für maximal fünf Jahre monatlich 7.100 Euro. Und schließlich bis ans Lebensende 2.000 Euro.

„Schamlos!“, titelte Bild – und stellte Bergs aufaddierte Übergangsgelder von 430.000 Euro genüsslich der kargen Stütze Arbeitsloser gegenüber. Pensionen von Berg’scher Größenordnung sind nur vorgesehen, wenn Staatssekretäre aus politischen Gründen aus dem Amt scheiden, oder wenn der Minister kein Vertrauen zur Nummer zwei im Ministerium hat. Inzwischen existiert allerdings die Darstellung, die Grüne scheide freiwillig aus dem Amt. Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) widersprach dem natürlich. Berg müsse gehen, so die magere Ausrede für die kostspielige Entlassung, weil das Umweltministerium umorganisiert werde.

Wenn die Umweltspezialistin einen Anschlussjob ergattert, ist die ganze Aufregung freilich vergebens. Berg selbst ist sich jedenfalls sicher, „dass ich dem Steuerzahler nicht auf der Tasche liegen werde“.

Der Kieler Opposition reicht diese vage Ankündigung nicht. Sie will in einer Anfrage im Kieler Landtag die Hintergründe von Bergs Entlassung klären. Der CDU-Landtagsabgeordnete Johann Wadephul nannte die Umgang mit der Personalie Berg „grob missbräuchlich“. Seine Partei will auch einen alten Fall noch einmal aufrollen: den des ehemaligen Kieler Finanzstaatssekretärs Joachim Lohmann (SPD), der unter ähnlichen Umständen Pension gegangen war.

Auch für die Grünen ist Henriette Berg nicht der erste Fall, in dem es um umstrittene Pensionsansprüche geht. Gerd Harms, Bildungsminister aus Sachsen-Anhalt, sorgte im letzten Jahr in Brandenburg für einen „Pensionsskandal“. Inzwischen hat der Grüne, dem nach dem Ende von Rot-Rot in Magdeburg ein Anschlussjob in Brandenburg garantiert worden war, wieder eine Aufgabe, die sein Salär rechtfertigen soll. MATTHIAS BRAUN