KÜNDIGUNGSSCHUTZ UND ARBEITSLOSENHILFE GEHÖREN ZUSAMMEN
: Von zufriedenen Dänen lernen

Papiere kreisen, Andeutungen werden gemacht, angebliche Interna aus Ministerien veröffentlicht. Und immer wird der „Reformstau“ bekämpft. Konkrete Beschlüsse fehlen – noch –, aber das viele Andeuten geschieht nicht absichtslos, da werden Machtverhältnisse sondiert. Man könnte auch sagen: SPD und Grüne loten aus, wie ohnmächtig die Gewerkschaften sind.

So mäandert seit Wochen durch die Diskussion, der Kündigungsschutz müsse „flexibilisiert“ werden. Parallel schlägt Wirtschaftsminister Wolfgang Clement vor, die Arbeitslosenhilfe an die Sozialhilfe „anzugleichen“. Harmlos wird so getan, als gehörten die beiden Themen nicht zusammen. Doch das ist ein Irrtum, sie sind engstens verknüpft, wie Dänemark zeigt.

Dort wurde der Kündigungsschutz faktisch abgeschafft: Bauarbeiter können innerhalb von zwei Tagen ihren Job verlieren, in anderen Branchen variiert die Frist zwischen einer Woche und drei Monaten. Dennoch sind die meisten Dänen zufrieden mit ihrem Sozialsystem. Die Erklärung für dieses scheinbare Paradox: Eine überraschende Kündigung ist für die Angestellten keine Katastrophe. Arbeitslose erhalten 90 Prozent ihres Nettogehalts, und das vier Jahre lang. Allerdings müssen sie Jobs auch unterhalb ihrer Qualifikation und fern ihres Wohnorts annehmen.

Es spricht nichts dagegen, auch in Deutschland den Kündigungsschutz zu lockern. Gerade kleine Unternehmen schrecken davor zurück, bei guter Auftragslage weitere Mitarbeiter einzustellen. Aber es wäre sehr gefährlich, das erhöhte Kündigungsrisiko nicht sozial abzufedern – sondern stattdessen das Signal auszusenden, dass Arbeitslosigkeit bestraft wird und langfristig nur zum Existenzminimum berechtigt. Denn das löst Bedrohungsgefühle aus, und zwar bei allen Arbeitnehmern, nicht nur bei den Betroffenen. Panische Deutsche waren aber bisher noch nie gute Demokraten. „Benchmarking“ – übersetzt: der Vergleich mit anderen Ländern – ist neuerdings eine Modevokabel. Wir sollten daher sofort anfangen, von Dänemark zu lernen. ULRIKE HERRMANN