Alles keine Gegner

Roland Koch fährt in Hessen die Ernte ein

WIESBADEN taz ■ Seinen sozialdemokratischen Konkurrenten Gerhard Bökel bezeichnet er nur noch als „den Mann, der meinen Posten haben wollte“. Und die Grünen erwähnt er gar nicht mehr. Alles keine Gegner. Die FDP dagegen muss sich demütigen lassen. Der Partei von Ruth Wagner, die immer in Treue fest zu ihm stand, bot Roland Koch, 44, vor Wochenfrist gnädig die Fortsetzung der Koalition an; auch für den Fall, dass die Union die absolute Mehrheit erringt. Wagner wies das Angebot umgehend zurück. Man sei auf das Mitleid der CDU nicht angewiesen. Da zog die Union andere Saiten auf: Die CDU habe „keine Stimme zu verschenken“, heißt es nun, und schon gar keine Zweitstimme. Jetzt fürchten viele Liberale wieder die Fünfprozenthürde.

Koch trauen die Demoskopen sogar zu, die absolute Mehrheit einfahren zu können: exakt 51 Prozent nach der letzten Forsa-Umfrage. Und das trotz all der großen und kleinen Lügen, der Umdeklarierung von Schwarzgeld in ein persönliches Darlehen und der ihm immer wieder vorgeworfenen „Skrupellosigkeit“ bei der Initiierung populistischer Kampagnen. Oder vielleicht gerade deswegen? „Schlagkraft und Durchsetzungsvermögen“ attestieren ihm die Hessen mehrheitlich; und „Führungsstärke“.

Koch der Macher, also. Der Mann mit Einfluss – auch auf die Bundespolitik. So jedenfalls präsentiert er sich dem Wahlvolk. Und das ist beeindruckt. Tatsächlich hat die CDU/FDP-Landesregierung vor allem in der Bildungspolitik einiges erreicht. So viele neue Lehrer wie nie zuvor wurden eingestellt. Auf dem Felde der inneren Sicherheit musste er gerade einen Rückschlag einstecken: Die Kriminalität in Hessen stieg im vergangenen Jahr wieder an. Auf ihren Wahlplakaten behauptet die Union das Gegenteil. Doch Koch profitiert – wie die Grünen – von der Empörung der Menschen über die Eskapaden der Bundesregierung auf fast allen Politikfeldern und der daraus resultierenden Schwäche der SPD überall in Deutschland. Auf den Wahlveranstaltungen der CDU zerreißt es die Leute schier vor Lachen, wenn Koch und andere Unionisten ihre Witzchen zum besten geben. Etwa den: „Katastrophe auf zwei Beinen? Ulla Schmidt!“ Da tobt der Saal.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT