Kapitulation vor Seehofer

Herrmann und Goppel ziehen ihre Kandidatur für den Posten des bayerischen Ministerpräsidenten zurück

MÜNCHEN taz ■ Als die offene Kampfabstimmung um den Ministerpräsidenten nicht mehr abzuwenden scheint, versammelt der CSU-Noch-Parteichef Erwin Huber am Dienstagnachmittag im bayerischen Innenministerium in München noch einmal die verbliebenen Bewerber: Joachim Herrmann, Thomas Goppel und Horst Seehofer. Wenig später steht fest: Der Bundeslandwirtschaftsminister und zukünftige CSU-Vorsitzende Seehofer wird neuer bayerischer Ministerpräsident – wenn die CSU wie erwartet eine Koalition mit der FDP oder den Freien Wählern zusammenbekommt.

„Im Vordergrund steht das Ziel, die Geschlossenheit und landesweite Einigkeit der CSU zu bewahren und zu stärken“, heißt es in einem CSU-Statement. Deshalb hätten Goppel und Herrmann ihre Kandidatur zurückgezogen und unterstützten bei der Abstimmung in der CSU-Landtagsfraktion am Mittwoch Seehofer. Damit beugen sich Herrmann und Goppel dem Druck der Parteibasis.

Immer mehr Teile der CSU hatten sich in den vergangenen Tagen zur Bewerbung Seehofers bekannt. Nur die Bezirksverbände von Unter- und Mittelfranken setzen sich weiter für eine Doppelspitze in Parteivorsitz und Staatskanzlei ein. Seit dem Wochenende war klar: Eine Abstimmung gegen Seehofer wäre nicht zu gewinnen gewesen.

Schon am Samstag und Sonntag hatten sich die Bewerber getroffen, um den offenen Machtkampf zu vermeiden. Aber Herrmann und Goppel hielten an ihrer Bewerbung fest. Nun wird vermutet, dass sie für ihre Kapitulation mit attraktiven Posten entschädigt werden. Die Bild-Zeitung berichtet, Herrmann solle im neuen Kabinett zweiter Stellvertreter des Ministerpräsidenten werden.

Nachdem die Frage nach dem Nachfolger für den zurückgetretenen Günther Beckstein nun beantwortet scheint, wird auf der Fraktionssitzung eine weitere Personalie im Mittelpunkt stehen. Fraktionschef Georg Schmid soll womöglich schon morgen gestürzt werden. Schmid hatte die Wahl des neuen Fraktionsvorsitzenden auf die Tagesordnung setzen lassen. Denn nach seiner missglückten Bewerbung für den Ministerpräsidenten-Posten schwindet sein Rückhalt in der Fraktion. Schmid möchte wiedergewählt werden, solange er noch eine Mehrheit hat. Aber womöglich ist es dafür schon zu spät.

BERNHARD HÜBNER

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