h.g. hollein Morgen

Der Tag, an dem ich auf die Welt kam, steht mal wieder vor der Tür. Vielleicht auch dahinter. Egal, 29 knackige Grad minus waren es jedenfalls, so man meinen Eltern glauben darf, als mich seinerzeit ein – oder der? – Klapperstorch bedachtsam durch eine Dachluke des Hauses Nr. 7 in der Hamelner Kreuzstraße meiner irdischen Bestimmung übergab. „Nicht stürzen“ soll auf dem Lieferschein gestanden haben, was mich vermuten lässt, daß die ursprüngliche Bestellung auf ein Kaffeeservice lautete. Kaum dass ich laufen konnte, bin ich denn auch prompt die Kellertreppe hinuntergepurzelt, was gelegentliche Phasen der Desorientierung und meine Vorliebe für Rolltreppen und Fahrstühle erklären mag. Auch die niedrigen Temperaturen haben in einer gewissen Unterkühltheit und einer tiefsitzenden Abneigung gegen Wintersport ihre Spuren hinterlassen. So trat ich gut gerüttelt und ziemlich frostig gelaunt meinen Lebensweg an. Ein wenig aufgetaut bin ich erst, als die Gefährtin daher kam, eine feurige Schönheit aus dem Hessenland. Seitdem muss ich mich allerdings alljährlich mit der Frage herumschlagen: „Was wünscht du dir eigentlich?“ Wenn ich darauf ehrlich antworte, heißt es aber immer nur, ich sei unanständig und ob ich nicht lieber ein paar Handschuhe hätte. Auch skeptisch guckte die Gefährtin, als zwei Freundinnen dem Ihren – zugegeben albern kichernd – seidene Boxershorts zum 45sten schenkten. Die angemessene Geburtstagsgabe ist eben so eine Sache. Am allerliebsten ist es mir natürlich, wenn man meinen Ehrentag diskret übergeht. Wir Wassermänner neigen bekanntlich zum Understatement.