E.ON-Konzern kauft sie alle raus

Alle gerichtsfesten Gegner der Großfusion mit der Ruhrgas ziehen in letzter Minute ihre Klagen zurück und erhalten dafür Millionen-Entschädigungen. Weg für beherrschenden Gasriesen frei. Berliner Bewag fusioniert jetzt mit Vattenfall

von REINER METZGER

Das Pokerspiel des Jahres ist abgeschlossen. Die E.ON AG schluckt die Ruhrgas. Die Kläger gegen die Fusion, allesamt Unternehmen aus dem Energiesektor, haben einige Millionen für sich heraus geschlagen und am Tag der Verhandlung ihre Klagen zurückgezogen.

E.ON hatte im Jahr 2001 einen größeren Ringtausch angeschoben: Ein Teil seiner Aral-Tankstellen (bis dahin die größte Benzinkette Deutschlands) verkaufte sie an die britische BP und erhielt dafür deren Anteile an Deutschlands führendem Gashändler, der Ruhrgas AG. Außerdem bot sie dem zweiten großen Anteilseigner der Ruhrgas, der Ruhrkohle AG (RAG) ihre profitable Metallverarbeitungssparte Degussa im Tausch gegen dessen Aktien. Auch diverse andere Ruhrgas-Aktionäre erhielten ähnliche Angebote.

Insgesamt sollte der Deal die E.ON etwa 10 Milliarden Euro kosten. Dazu kommen laut E.ON jetzt noch 90 Millionen Euro für die sechs kleineren klagenden Energiefirmen – vor allem Strom- und Gaslieferanten. Mit dem finnischen Staatskonzern Fortum werden – na? jawoll! – Firmentäusche im Wert von 800 Millionen Euro vereinbart, die die Fortum-Besitztümer in Skandinavien abrunden. Über die Größe der Vereinbarungen mit dem größen Kläger, dem baden-württembergischen Konzern EnBW und einer seiner Töchter, wurde gestern nichts bekannt.

Das Kartellamt untersagte ursprünglich die Übernahme der Ruhrgas. Begründung: Es könne eine marktbeherrschende Stellung entstehen. Schließlich habe der neue Gaskrösus nicht nur Verträge mit Lieferanten und zahllosen Endkunden, sondern beherrsche auch in weiten Teilen Deutschlands die Leitungen dazwischen. Allein die Ruhrgas verkauft 60 Prozent des Gases in Deutschland.

Im Februar 2002 stellte E.ON jedoch einen Antrag auf eine so genannte Ministererlaubnis. Das Bundesministerium genehmigte prompt. Dagegen klagten die jetzt befriedeten Firmen. E.ON entstand selbst erst im Juni 2000 aus einer Fusion von Veba und Viag – die größte Hochzeit der deutschen Industriegeschichte.

Ein weiterer Nebeneffekt der Tausch- und Kauforgie im Zuge der Entstehung des E.ON-Konzerns wurde gestern abgeschlossen: Auf der Hauptversammlung des Berliner Stromkonzerns Bewag stimmten die Aktionäre für eine Hochzeit mit der schwedischen Vattenfall. Im Zuge der ursprünglichen Veba-/Viag-Fusion zu E.ON hatten die beiden deutschen Konzerne Kartellauflagen erfüllen müssen und ihre Anteile an der Bewag, der Hamburger HEW, dem Braunkohleabbauer Laubag sowie dem ostdeutschen Stromverteiler Veag an die Vattenfall abgegeben. Damit ist Vattenfall der drittgrößte deutsche Stromkonzern.