Zwei Amis pokern um die Berliner Skandalbank

Kurz vor Toresschluss taucht ein alter Interessent auf. Jetzt wollen zwei US-Bieter die Bankgesellschaft Berlin. Die Risiken könnten beim Land bleiben

BERLIN taz ■ Eine Bank zu verkaufen ist ungleich schwieriger, als einen Gebrauchtwagen loszuwerden. Auch wenn manch Hickhack bei der Abgabe von Angeboten für die marode Bankgesellschaft Berlin an einen Autobasar erinnert. Aus dem ehrgeizigen Projekt des rot-roten Berliner Senats, die mehrheitlich landeseigene Bank zu verkaufen und einen Teil der Milliardenverluste hereinzuholen, ist bis jetzt nichts geworden – obwohl der Senat für die Übernahme von Altrisiken in Höhe von bis zu 21,6 Milliarden Euro bürgt. Für einen Gebrauchtwagenhändler bedeutete dies, dem Käufer anzubieten, alle künftigen Reparaturen zu bezahlen.

Jetzt ist dennoch Bewegung in die Verkaufsverhandlungen gekommen: Kurz bevor gestern die vom Senat gesetzte Frist für die Abgabe eines Angebotes auslief, tauchte ein Bieter auf, der schon als abgeschrieben galt: der US-Investmentfonds Lone Star. Lone Star will ein konkretes Angebot vorlegen, wenn er die nötigen bankinternen Informationen erhält. Im Dezember hatte sich Lone Star aus dem Verfahren zurückgezogen, weil sich die Bank geweigert habe, die erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen, hieß es nun.

Nach Lone Stars Ausstieg war mit dem US-Investmentbanker Christopher Flowers und der Beteiligungsgesellschaft Texas Pacific Group (TPG) nur noch ein Bieter für die Bank übrig geblieben, die kurz nach der Wende als deutsche Großbank gestartet war und zurzeit zu einer Regionalbank zurechtgestutzt wird. Die Norddeutsche Landesbank hatte sich zuvor zurückgezogen – sie will sich nicht an den schwer einzuschätzenden Risiken die Finger verbrennen. Denn die Risiko-Übernahme durch das Land, gegen die die Bürgerinitiativen protestieren, sichert nur Risiken aus den umstrittenen Immobilienfondsgeschäften ab; Risiken aus anderen Immobilien- und Firmenkrediten sind darin nicht enthalten. Solche Kredite können ebenso unsicher sein – zumal die Stammregion der Bank, Berlin, wirtschaftlich kriselt.

Flowers und TPG haben gestern ihr Angebot abgegeben. Zuletzt hatten sie deutlich gemacht, dass das Land Berlin beim Verkauf auch einen Großteil solcher faulen Kredite übernehmen solle. Das Land Berlin steckt damit in einer Zwickmühle: Verkauft es die Bank, behält aber die Risken, läuft alles auf die alte Parole hinaus, dass Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden. Saniert Berlin die Bank aber selbst, könnte die leere Landeskasse zwar auf Gewinne aus dem Massenkundengeschäft hoffen – sie bliebe aber auf den Risiken sitzen. Berlin hat damit aber so schlechte Erfahrungen gemacht, dass sogar ein PDS-Wirtschaftssenator die Privatisierung eines Schlüsselunternehmens akzeptiert.

Helfen könnte dem Senat nun das Lone-Star-Angebot – wenigstens als Hebel im Verhandlungspoker. Lone Star bietet nämlich einen „klaren Schnitt“ an, will einem Verkauf „unter Verzicht auf weitere Gewährleistungen des Landes“ zustimmen. Ein Hintertürchen hält sich Lone Star aber offen: Alle Informationen sollen zunächst auf den Tisch. Ob die Bank verkauft wird, ist völlig unklar – die Opposition vermutet, dass Rot-Rot davon abrückt.

Klar ist aber schon heute: die Ursachen des größten Bankenskandals der Republik spielen beim Verkauf keine Rolle mehr. Jahrelang hatte die Bank Immobilienfonds angeboten, deren Garantien weit über dem Marktüblichen liegen. Davon profitieren nun, mit dem Segen des Senats, rund 70.000 Anleger – während die Stadt überall spart. Das fordert Protest heraus, dem Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) trocken mit der Weisheit seiner Zahlen begegnet: Berlin wäre auch ohne die Bank pleite. Zur Finanzmisere trügen die Bankprobleme weniger als zehn Prozent bei. RICHARD ROTHER