Der Weg zum Ruhm ist weit

Das 2:1 gegen den VfL Bochum lässt die Zukunft bei Energie Cottbus zwar nicht gerade in rosigem Licht erscheinen, entfacht jedoch ein kleines Feuer der Hoffnung im Stadion der Freundschaft

aus Cottbus MATTI LIESKE

Schlechte Nachrichten für die Bundesligateams aus Kaiserslautern, Leverkusen, Mönchengladbach, Nürnberg, Wolfsburg, Bielefeld, Hannover und Rostock: Es ist wieder ein Abstiegsplatz mehr zu vergeben. Wer noch vor zwei Wochen sein Geld auf den Untergang von Energie Cottbus hätte setzen wollen, wäre in jedem Wettbüro ausgelacht worden, weil er im Gewinnfalle wohl nicht mal seinen Einsatz herausbekommen hätte. Inzwischen sieht das ganz anders aus. Nicht genug damit, dass die Mannschaft seit Rückrundenbeginn nicht mehr spielt wie ein Absteiger – das wurde schon vielen Absteigern nachgesagt –, Energie Cottbus punktet auch. Und das nicht zu knapp. Dem 3:0 in Leverkusen folgte am Samstag ein 2:1 gegen den VfL Bochum, ein Sieg, der, wie Gästetrainer Peter Neururer umstandslos anerkannte, „vollkommen verdient“ war.

„Energie, du bist da wie noch nie“, dröhnte es nach dem Schlusspfiff durch das Stadion der Freundschaft, erstmals in dieser Saison hatte der geradezu Grand-Prix-würdig getextete Gassenhauer sogar einen gewissen Wahrheitsgehalt. Trainer Eduard Geyer wäre aber nicht der Energie-Ede, den man kennt, wenn er die allgemeine Euphorie mitgetragen hätte. „Der Weg zum Ruhm ist noch weit“, mahnte er und grummelte und grollte in bewährter Manier über „unheimlich viele Fehler“ seiner Mannen. Auch er konnte jedoch nicht verhindern, dass dabei manchmal der Anflug eines Lächelns den äußersten Rand seiner Mundwinkel streifte oder ein entfernt fröhliches Augenglitzern das Kunststück fertig brachte, den schier undurchdringlichen Wall seiner gerunzelten Augenbrauen zu überwinden. Als resignierter und gebeugter Mann, der viel älter wirkte, als es seine 58 Jahre rechtfertigten, war der Trainer in die kurze Winterpause geschlichen, als jungbrunnengebadete Kämpfernatur präsentierte er sich am Samstagnachmittag in Cottbus.

Unermüdlich lobte Geyer „Engagement, Kampf und Willen“ seines Teams, den eigenen Anteil an der Beendigung des kollektiven Winterschlafs redete er eher klein. Dabei ist dieser beträchtlich. Energie Cottbus war in der Hinrunde nicht nur das Team mit dem ungefährlichsten Angriff, sondern auch jenes, das bei weitem die meisten Gegentore kassierte. Umso erstaunlicher die Souveränität, mit der man sich gegen Bochum versierter Angreifer wie Freier, Buckley, Christiansen oder Wosz erwehrte. „Die defensive Überlegenheit“ des Gegners führte Peter Neururer als Hauptgrund für die VfL-Niederlage an, auch wenn das Tor von Reghecampf nach 70 Sekunden durch einen „Sonntagsschuss“ (Neururer) – eine Übung, für welche eigentlich gerade die Bochumer den Nigerianer Oliseh eingekauft hatten – alle taktischen Konzepte über den Haufen geworfen habe. „Wir waren nicht imstande, uns eins gegen eins durchzusetzen, was uns sonst und hoffentlich auch wieder nächste Woche auszeichnet“, erläuterte Neururer, „das lag an der Stärke von Cottbus.“

Die neugewonnene Undurchdringlichkeit der Abwehr ist der Viererkette geschuldet, welche Energie seit Rückrundenbeginn aufbietet. Dirigiert vom US-Amerikaner Berhalter, der dieses System schon länger kennt, bewegt sich die Kette bereits sehr versiert, lässt kaum Lücken und raubt den Gegnern den Raum zur Entfaltung, was die Bochumer, vor allem die völlig abgemeldeten Freier und Christiansen, sichtlich nervte.

Geyer konnte trotzdem kaum verhehlen, dass die Viererkette nicht zu seinen liebsten Varianten zählt. „Zu jedem System gehört die Einstellung – Zweikämpfe gewinnen, den Ball von links nach rechts spielen“, dozierte er und gab an, die Neuerung hauptsächlich eingeführt zu haben, um „Impulse“ zu setzen. „Wir haben doch immer verloren, traten auf der Stelle, wir mussten was machen“, erzählt der Trainer: „Die Spieler sollten sich wieder mit Fußball auseinandersetzen.“ Dass die Strategie funktioniert hat, bewies nicht nur die Abwehr, sondern auch die Offensive, die sich mit schnellen Angriffen über die Flügel manche Chance herausspielte.

Mit dem Tore schießen tut sich Energie immer noch schwer, weshalb für den Rest der Saison vor allem auf die Defensivabteilung Spieltag für Spieltag Schwerstarbeit zukommen wird. „Wir wissen, dass wir noch 15 Spiele haben“, sagt Geyer, jedes einzelne ein Endspiel gegen den Abstieg. Das allerdings ist vertrautes Terrain für Energie Cottbus – und vor allem erheblich mehr, als noch vor zwei Wochen möglich schien.

Energie Cottbus: Lenz - Schröter, da Silva, Berhalter, Löw - Reghecampf (85. Jungnickel), Rost, Latoundji, Gebhardt (89. Kobylanski) - Vagner, Topic (76. Juskowiak)VfL Bochum: van Duijnhoven - Colding, Kalla (68. Fiel), Fahrenhorst, Meichelbeck - Freier, Oliseh, Schindzielorz (74. Gudjonsson), Buckley (74. Hashemian) - Wosz - ChristiansenZuschauer: 10.804; Tore: 1:0 Reghecampf (2.), 2:0 Juskowiak (82.), 2:1 Gudjonsson (90.)