Der Flüchtling als fauler Betrüger

Behandeln Niedersachsens Ausländerämter Asylsuchende restriktiver als andere Bundesländer? Die Grünen werfen das CDU-Innenminister Schünemann vor. Der hält das für Stimmungsmache

Kettenduldungen, unsicherer Aufenthaltsstatus, menschenunwürdiges Leben: Für die Grüne Filiz Polat ist Innenminister Uwe Schünemann (CDU) Garant dafür, dass in Niedersachsen besonders wenige Asylsuchende von den Bleiberechtsregelungen profitieren können. Hier werde besonders restriktiv gegen Flüchtlinge vorgegangen. „Sie lassen Flüchtlinge wie faule Betrüger und Lügner erscheinen!“, ruft Polat am Donnerstag im Landtag Richtung Schünemann. Dessen Antwort auf ihre Große Anfrage sei „durchzogen von Pauschalverdächtigungen, Stereotypen und einem tiefen Misstrauen gegenüber diesen Menschen“.

Schünemann sprach von „Stimmungsmache“. Die „Ausführungsbestimmungen des Bundes sind in allen Ländern gültig“, sagte er, das Land gebe seinen Behörden nur eine „Hilfestellung“. Tatsächlich liege Niedersachsen im Vergleich der Bundesländer „auf einem guten mittleren Platz“. Von der 2006 von den Innenministern der Ländern beschlossenen Bleiberechtsregelung hätten hier 2.360 Flüchtlinge profitiert, nach der so genannten Altfallregelung des Bundes 1.860 einen Aufenthaltstitel bekommen.

Was er nicht erwähnte: Das Gros, etwa 80 Prozent, bekam einen Titel auf Probe. Alles „äußerst großzügige Regelungen“, meint Schünemann. Gut 18.000 Menschen leben in Niedersachsen mit einer Duldung, kaum weniger als vor den Regelungen. Eine „Zuwanderung in die Sozialsysteme“, sagte der Innenminister, komme für ihn nicht in Frage.

„Die Zahl der Ablehnungen ist sehr hoch“, sagte Polat nach der Debatte. Sie fürchtet vor allem, dass es bei dieser Zahl der Bewilligungen in Niedersachsen bleibt. Ausländerbehörden in Nordrhein-Westfalen und Bayern hätten „viel mehr Spielraum“ bei der Bewilligung von Asylanträgen. Kai Weber vom niedersächsischen Flüchtlingsrat kritisiert „kleinkarierte Ausschlussgründe bei der Umsetzung der Bleiberechtsregelung“. Viele Bewerber scheiterten, weil sie ihren Unterhalt nicht vollständig selber bestreiten könnten. Oder, weil sie sich mit 50 Jahren keine auskömmliche Rente mehr erarbeiten können. Weber: „Das sind einfach asoziale Regelungen.“

Bei ihrer Tour durch die Ausländerbehörden hat Polat registriert, dass es „Schünemann-Ämter“ gibt: „Die gucken, wie kriegen wir die raus.“ Eine „Hardliner-Behörde“ sitze im Landkreis Rotenburg. Hier sei gerade erst eine Kurdenfamilie abgeschoben worden. KAI SCHÖNEBERG